Solomonen
„Your flight is canceled“, sagt die Angestellte von Solomon Airlines ganz trocken und ungerührt, als ich pünktlich um kurz vor sieben Uhr am Morgen, am Flughafen Brisbane nach Honiara einchecken will. „We booked you on the same fligh tomorrow morning“. Dass meine Proteste, wegen geschäftlicher Termine und anfallender Kosten für nicht genutzte Hotelübernachtungen sinnlos sind, weiß ich schon als ich es ausspreche. Auch die Nachfrage nach anderen Verbindungen bringt nichts, denn die Salomonen werden nicht allzu oft angeflogen und Solomon Airlines hat das Monopol. Damit ist auch der Anschlussflug nach Auki hinfällig und der ohnehin kurze Aufenthalt auf der Insel Malaita schrumpft auf zweieinhalb Tage zusammen. Wer sein Abenteuer in Gegenden ohne nennenswerte touristische Infrastruktur sucht, ist selbst schuld. So werde ich weitere 24 Stunden im Airport Hotel in Brisbane in die Warteschleife geschickt. Was macht man mit so einem Tag um das Gefühl zu verdrängen, einen Tag im Leben verloren zu haben. Vielleicht ein Besuch von Brisbane, dessen Skyline vom Flughafen zu sehen ist? Die Skyline sieht aus wie viele Skylines. Türme aus Beton und Glas im Zentrum von Langeweile. Ich bin nicht so weit gereist um mir einen uniforme Stadt anzusehen und als ich herausbekomme, dass das Ticket hin und zurück für etwa fünf Kilometer 30 Känguru Dollar kostet, verwerfe ich den Gedanken. Ein Mietwagen um zur Küste zu fahren ist mir das Geld auch nicht wert und so bleibe ich im Hotel und schreibe Emails an Solomon Airlines und Agenturen um wenigstens die den Rest der Tour zum Erfolg zu machen.
Doch das habe ich auch schon von Deutschland aus versucht. In der Hoffnung auf Malaita und Malekula etwas zu organisieren, habe ich schon zu viele Tage damit verbracht zu recherchieren und Anfragen zu schreiben. Dass kaum ein Reiseveranstalter die Salomonen und keiner die Insel Malaita im Programm hat, hätte mich stutzig machen sollen. Aber ich will ja manchmal genau das was sonst keiner macht. Auch wenn ich schon währenddessen schwöre, dass ich mir das niemals wieder antue. Doch das Wort „aufgeben“, habe ich bisher noch nicht in meinem Wortschatz aufgenommen.
Von Berlin über London nach Perth und dann weiter nach Brisbane braucht man etwa 30 Stunden, von Tür zu Tür. Von Brisbane oder anderen Flughäfen in Australien kommt man fast auf alle Südseeinseln. Allerdings hängt es von der Fluggesellschaft ab wie zuverlässig diese Verbindungen sind. Egal ob über Singapur, Sidney oder eben Brisbane, eine Übernachtung muss man, auch wenn alles planmäßig läuft, meistens einplanen. In dem Fall, dass ein Flug ausfällt, wie bei meiner Verbindung mit Salomon Airlines beträgt die Anreise in die Hauptstadt Honiara insgesamt 70 Stunden!!! Dann muss ich aber noch nach Auki auf Malaita, was wieder eine Übernachtung und einen späteren Flug zur Folge hatte. Das sind dann noch einmal 26,5 Stunden obendrauf. Macht dann eine Anreisezeit von 96,5 Stunden und damit dürfte ich dann wohl für das Guinness-Buch der Rekorde nominiert werden. Dies ist nur eine der Ursachen, weshalb von den etwa 25.000 registrierten Besuchern auf den Salomonen nur etwa 2.500 Touristen sind. 85 Prozent davon kommen aus Australien. Die meisten der etwa 300 Hotels und Resorts buhlen um die wenigen Touristen und erreichen am Jahresende bestenfalls den Break Even. Das wirkt sich natürlich auch auf den Zustand der Hotels aus.
Azurblau breitet sich unter dem Flugzeug eine scheinbar unendliche Wasserfläche aus. Keine Insel, kein Schiff und der Horizont hüllt sich in Wolken als wolle er die Illusion von Unendlichkeit und Paradies aufrechterhalten. Doch seit vor etwa 200 Jahren die ersten Seefahrer mit Missionaren an Bord in dieses Gebiet vorstießen, wird beharrlich an der Zerstörung des Paradieses gearbeitet. Doch die meist kriegerischen und kannibalischen Stämme, die dieses Gebiet vor etwa 3.500 Jahren besiedelten, verweigerten sich lange den Missionierungen und der Sklavenarbeit. Doch dann haben wir ihnen gezeigt, wie komfortabler Häuser, wie bequem Autos, wie beseelend Fernsehprogramme und wie nützlich Smartphone und Computer sind. Wir brachten Essen in Dosen und Getränke in Plastikflaschen und nicht zuletzt Alkohol. Das das Muschel- und Steingeld ersetzten wir gegen bunt bedrucktes Papier.
Nun drängeln sich in der Hauptstadt Honiara auf der Insel Guadalcanal die Autos über löchrige Straßen der von Müll gesäumt ist. Abgase, brennender Abfall und Garküchen lösen Hustenreiz aus und wer noch halbwegs im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, will sofort wieder weg! Die Architektur wird schon seit einigen Jahren von chinesischer Betonbaukunst dominiert und überall entstehen sogenannte Entwicklungsprojekte, finanziert durch die asiatischen Banken. In wenigen mondänen Hotelanlagen wird der Südseetraum mit erlesenen Speisen, Longdrinks und abendlichen Tanzvorführungen zelebriert. Das apokalyptische Szenarium ringsum und die Wracks im dreckigen Wasser stören dabei nicht. Hier im Umfeld von Honiara gibt es keinen Südseetraum mehr.
Am Nachmittag lässt der Regen, der mit meiner Ankunft einsetzte, langsam nach. Ich zwinge mich hinunter nach Downtown Honiara um noch wenigstens ein Bild zu machen und einen Strandzugang zu finden. Mit dem Strandzugang ist das nicht so einfach, da inzwischen alles zugebaut ist. Also muss ich mit dem Taxi aus der Stadt hinausfahren. Nach etwa sieben Kilometern erreichen wir den Leve Beach. Der Weg zum Strand ist durch eine Kette versperrt und in einem Unterstand lümmeln ein paar Leute rum. Die achten darauf, dass jeder den für ihn fälligen Betrag, der auf ein riesiges gelbes Blechschild gemalt ist, zahlt. Müll auf dem Platz, Müll unter den Bäumen, Müll am Strand, Müll überall und rostige Wracks im Wasser. So sieht ein Public Beach aus. So gurken wir wieder zurück. Drei Kilometer vor Honaria suche ich mir eine vermüllten Strandzugang aus. Hütten stehen bis zum Strand, der fast nur aus Korallenfelsen besteht. Vor einer Hütte bereitet eine Frau das Abendessen auf einem schäbigen Holzgestell zu. Ich klettere über die messerscharfen Korallenblöcke, wate durch das Wasser. Dort, zwischen Unrat und Plastiktüten klettert ein handtellergroßer leuchtend dunkelblauer Seestern in Zeitlupentempo an den Korallen entlang. Blaue und gelbe Minifische schwimmen neugierig um meine Füße. Der Fotograf auf den Felsen ist für die Kinder in der kleinen Siedlung eine willkommene Abwechslung. Doch der Himmel hat sich vollends zugezogen und ich bin froh dass es nicht regnet.
Das Jetlag lässt nach und ich bin endlich mal ausgeschlafen. Nach dem Frühstück, miete ich mir ein Taxi zum Mbonege Beach. Die Sonne lässt den immergrünen Regenwald leuchten und eine leichte Brise wiegt die Palmen am Strand. Das Meer ist glatt wie ein Dorfteich und nur ab und zu wagen sich kleine Wellen etwas den Strand hinauf. Am Mbonege Beach liegt direkt am Strand ein japanisches Versorgungsschiff aus dem Endkampf im zweiten Weltkrieg auf dem Grund. Nur noch wenige Eisenteile ragen überhaupt noch aus dem Wasser und so ist es schon seit Jahrzehnten kein Motiv mehr. Allerdings sieht man aus der Luft deutlich die beeindruckenden Ausmaße und die Silhouette des Wracks.
Auf der Rückfahrt halten wir an der Poha Bridge. Unweit des Bisivotu Beach werden Baumstämme aus dem Regenwald für malayische, indonesische oder chinesische Unternehmen verladen. Da sie ihre eigenen Wälder gerodet haben, müssen nun die Ressourcen auf den Südseeinseln herhalten. Zum Glück für die Bäume ist derzeit der Weltmarktpreis für Holz niedrig, so dass den Urwäldern etwas Aufschub gewährt ist. Wenn abgeholzt wird, dann wird danach nicht wieder aufgeforstet und man sieht in den Lagen nahe dem Meer schon überall kahle Hänge. Aber wen interessiert das schon? Schöne Bilder aus dem Paradies wollte ich mit nach Hause nehmen und so gehe ich der konspirativen Tätigkeit nicht weiter nach. Gegen Mittag ziehen wieder Wolken auf doch es regnet nicht. Ich freue mich auf eine Pizza, doch zu meiner Enttäuschung gibt es die im King Salomon Hotel nur am Abend. In der Stadt auf Nahrungssuche zu gehen habe ich dann auch keinen Bock. Ich schiebe mir etwas Studentenfutter rein, springe in den Pool, erledige meinen Emailkram und fahre dann zum Flughafen.
Langa Langa Lagoon
Eine betagte Twin Otter Serie 300 bringt ihre sechs Fluggäste in einer halben Stunde von Honiara nach Auki. In den dichten Palmenhain, der die Insel hier bis ans Meer säumt, ist eine schmale Schneise geschlagen. Gerade breit genug für ein kleines Flugzeug. Dann setzen wir auf einer Graspiste auf. Die Maschine kommt vor einem kleinen Häuschen zum stehen, auf dem ein handgemalter Schriftzug verkündet; „Welcome at Gwaunau’ru Airport“. Die wenigen einheimischen Fluggäste werden von ihren Familien abgeholt. Bevor ich hier alleine mit meinem Koffer stehenbleibe, spreche ich einer der drei Nonnen an, die mit mir im Flugzeug hierher kamen und frage sie, ob sie auch nach Auki fahren und mich mitnehmen können „Ja, ich könne in ihrem Auto mitfahren“. Die Nonnen kommen ursprünglich aus Kroatien und sind dann über verschlungene Wege auf die Salomonen gekommen, wo sie nur seit acht Jahren leben und für den Herrn arbeiten. Ein Glück, dass ich sie angesprochen habe, denn so kann ich die neun Kilometer vom Flugfeld bis nach Auki, nicht nur komfortabel motorisiert, sonder auch unter göttlichem Schutz zurücklegen. Während der ersten Kilometer, sprechen die Nonnen wohlklingende Gebete in einem perfekten Zusammenspiel. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, muss aber am Ende auch mein „Amen“ dazugeben. So komme ich zum Auki Motel. Einer spartanischen Unterkunft, in der ich der einzige Gast wäre.
Man mag es nicht glauben wenn man mitten in Auki steht aber Auki ist die zweitgrößte Stadt auf den Salomonen und zählt etwa 40.000 Einwohner. Die meisten Geschäfte sind, wie auch anderswo in der Südsee inzwischen in chinesischer Hand. Es gibt eine Bäckerei, ein „Seafood Restaurant“, eine „Fast Food Bar“, die auch morgens schon Frühstück offeriert und eine Bank, dessen Geldautomat leider nur mit einheimischen Kreditkarten funktioniert. Das einzig interessante in Auki ist der Mark, auf dem die lokalen Produkte gehandelt werdenVom Auki Motel rufe ich Serah an. Sie ist für mich der einzige verlässliche Kontakt hier, der sofort und ohne lange Umschweife angeboten hat mit mir hier was zu unternehmen. Ein guter Plan, denn Serah ist die Eigentümerin des „Serah Lagoon Hideway“. So bin ich froh aus dem Auki Motel sofort wieder ausziehen zu können und in ihre Unterkunft zu fahren. Alles ist besser als das Auki Motel oder andere Unterkünfte in Auki!
Die Sonne geht unter, als wir mit ihrem Motorboot eine Stunde durch die Langa Langa Lagoon fahren. Das „Serah Lagoon Hideway“ liegt inmitten der Lagune mit malerischem Blick auf eine kleine Insel und den täglich wiederkehrenden Sonnenuntergang. Die Stelzenhäuser im traditionellen Stil, sind komfortabel und das von ihr betriebene Restaurant bereitet regionale Speisen, während man den Ausblick auf die Lagune genießt. Die Überraschung ist ihr Mann Gustav. Ein Weltenbummler und Freidenker, der über Herzberg in der Mark, Westdeutschland, Indien und Australien, nach Honiara gekommen ist. Dort verliebte er sich noch einmal und ist in die Langa Langa Lagune gezogen. Das einzige was er bereut, ist das er das nicht schon viel früher getan hat. Man kann es verstehen, denn die Lagune ist ein kleines Stück vom Paradies und die Gemeinschaft noch intakt.
Malaita weist einige Besonderheiten auf. Bis vor etwa vierhundert Jahren lebten alle Bewohner der Inselgruppe zurückgezogen im Dschungel. Sie rangen dem Urwald Felder ab, auf denen Maniok, Taro, Bananen und Jams angebaut wurde. Dann jedoch entbrannten Kämpfe unter einzelnen Stämmen. In der Folge trennten sich Gruppen von den im Busch lebenden Stämmen und siedelten an der Küste insbesondere in Lagunen. Seitdem unterscheiden die Einwohner der Insel zwischen „bush-people“, heute eher „mainland-people“ und „saltwater-people“. Da Lagunen wenig Raum für Siedlungen bieten, begannen die Salzwassermenschen selbst Inseln anzulegen. Diese kleinen Inseln stellen eine weitere Besonderheit dar. Denn die Menschen legen die Inseln auf denen Sie leben selbst an. In mühseliger Handarbeit werden dazu Korallensteine vom Grund der Lagune geborgen und zu Inseln aufgeschichtet. Dann werden diese mit Sand verfüllt und es werden Bäume gepflanzt. Je nach Größe der Insel, kann es bis zur Fertigstellung einer solchen Insel Jahrzehnte dauern. Ursprünglich waren die Inseln zusätzlich mit umlaufenden Mauern zur Verteidigung gegen Angriffe befestigt. Auf manchen Inseln wurden auch Seetüchtige Schiffe aus Holz gebaut. Doch aus welchen Gründen auch immer sind einige Schiffe nie fertig geworden. Sie stehen heute wie große Fossilien wettergegerbt in Wind und Regen. Doch auch in der nahezu unberührten Langa Langa Lagune ist nicht alles ist paradiesisch. Die Regenmenge nimmt zu, Zyklone werden heftiger, der Meeresspiegel steigt und einige Inseln mussten deshalb schon aufgegeben werden.
Heute gibt es in der Lagune noch drei verschiedene Communitys. Die Langa Langa, die Wala und die Kwaraae, die ehemals die Buschleute vom Festland waren und die Kwaio, die am Ende der Lagune siedeln. Krankenhäuser, Shops oder Schulen gibt es auf den winzigen Inseln, auf denen die Salzwasserleute siedeln nicht. Einzig eine Tankstelle für die Boote gleich am der Hafenausfahrt von Auki, sichert die Mobilität. Früh am Morgen, ziehen sich die Kinder der Salzwassermenschen ihre Schuluniformen an. Dann steigen sie in eins der kleinen Einbaumboote und paddeln zu einer der sechs Schulen in der Lagune. Nicht selten begegnen sie dabei Delphinen, die am Morgen vom Meer in die Lagune kommen. Haben sie das Festland erreicht, laufen sie meist noch einen Kilometer bis zu dem Schulgebäude. In der Langa Langa Lagune entwickelten die Frauen dieser Stammesgruppen über Jahrhunderte eine Kunst, die auch auf anderen Südseearchipelen weite Verbreitung fand. Sie bearbeiten Muscheln und fertigen daraus Schmuck der als Muschelgeld Berühmtheit erlangte. Die starke Nachfrage nach diesem Tauschmittel machte die Stämme der Salzwassermenschen reich. Reichtum braucht Sicherheit! So gründeten einst sieben Stämme der Salzwasserleute eine Gilde und errichteten aus Korallensteinen auf einer Sandbank die Insel, die den Namen Lalausi bekam. Lalausi ist die Zentralbank der Salomonen für das Muschelgeld, welches bis heute ein akzeptiertes Zahlungsmittel unter den Einheimischen ist.
Das Einzigartigste auf Malaita sind die ihre Einwohner, die sich durch zwei genetische Besonderheit auszeichnen. Einige von ihnen haben eine dunkle Hautfarbe und blonde Haare. Das findet man so nirgends auf der Welt! Allerdings sieht man das häufiger bei Kindern. Einige verlieren die auffällige Haarfarbe mit dem Erwachsenwerden. Auch die Western Provinz kann mit einer ähnlichen Besonderheit aufwarten. Dort gibt es Menschen mit schwarzer Hautfarbe und blauen Augen.
Shell Money
Unter Shell Money stellt man sich vielleicht bearbeitete runde Muscheln vor, deren Wert durch Farbe und Größe bestimmt wird. Fast richtig. Frauen und auch Männer der Salzwassermenschen auf Malaita sammeln in der Lagune und im Meer Muscheln. Diese werden dann nach Farben sortiert und im ersten Schritt mit einem Stein in annähernd gleich große Stücke gebrochen. In einem zweiten Schritt werden sie ebenfalls aber noch feiner und gezielter gebrochen, denn die Muschelstücke müssen für die weitere Verarbeitung möglichst gleichmäßig geformt sein. Dann werden sie auf einem Stein an den Kanten abgerundet. In einem weiteren Arbeitsschritt werden die Flächen der Muschelstücke mit den bloßen Händen auf einem großen flachen Stein mit etwas Wasser geschliffen. Mit einem Handbohrer, an dessen Spitze ein sehr spitzer Flintstone befestigt ist, wird dann ein Loch in die Muschelplättchen, dessen Durchmesser nicht mal einen Zentimeter beträgt, gebohrt. Das diese dabei nicht zerbrechen ist, wenn es denn kein Wunder ist, zumindest Kunst! Auf einem Feuer werden Steine erhitzt, auf denen dann besonders die roten Muscheln gefärbt werden. Nur alleine die Hitze der Steine macht die Farben intensiver. Nun können die Muschelplättchen auf meterlange Schnüre aufgefädelt werden. Die Schnüre sind zum Teil mehrere Kilo schwer. Das ist Muschelgeld. Muschelgeld aus roten Muscheln ist am wertvollsten, da sie schwer zu finden sind. Das schwarze Muschelgeld ist für die Einsteiger ins Muschelbusiness. Man fertigt auch Ketten und Armbänder die wahre Kunstwerke sind. Doch auch hier wird wieder berichtet, dass es durch den Klimawandel immer schwerer wird Muscheln zu finden, da auch hier der Bestand dramatisch einbricht.
Ein Pastell aus Wolkenbergen und blauen Himmel spiegelt sich in den Wassern der Lagune, die wie ein Spiegel im Sonnenaufgang daliegt. Nur der Lärm des Außenbordmotors stört die Perfektion. Als ich gestern die Möglichkeit bekam mit der Maschine am Morgen nach Auki zu fliegen, habe ich nicht lange gezögert. Ob am Abend die Maschine überhaupt fliegt weiß man nie ganz sicher. Am Abend dann müsste ich dann auch noch mein Geldproblem lösen und würde gerne eine Internetverbindung herstellen.
Peter, ein leitender Angestellter der Solomon Airlines nimmt mich mit zum Flughafen. Hühner rennen gackernd umher, während eine Schweinefamilie grunzend die Startbahn nach Fressbarem absucht. Die Sonne kriecht über die Berge und die Schatten spendenden Bäume. Kein Lüftchen weht. Die Wartenden suchen Schatten oder fletzen bei Kaffee, Tee und Keksen in einer mit Palmwedeln bedeckten Holzhütte, dem „Flughafenrestaurant“. Dann kommt Peter wieder angeschlendert. Die Maschine habe wegen technischer Probleme nicht starten können, würde aber etwa gegen 9:30 Uhr hier ankommen. Also geselle ich mich zu den anderen in die Hütte und bestelle mir einen Kaffee. Der kostet erst zwei, dann drei und zu guter Letzt fünf Salmonellendollar. „ The price is rising up every second, if a tourist order a coffee! In my opinion, Solomon Airlines have to pay for the coffe, because every flight is delate or canceled“ sag ich zu Peter und alle lachen. Mir gelingt noch so die eine oder andere witzige Bemerkung und irgendwann lerne ich vielleicht auch englisch. So verquatschen wir die Zeit, bis um 9:35 Uhr die De Havilland endlich aufsetzt und die Schweine panisch quiekend in den nahen Palmenhain flüchten. Peter sagt, dass der dem die Schweine gehören doch endlich mal einen Zaun bauen soll. Ob das jemals passiert?
Malaita ist wirklich ein Stück vom Paradies. Das wird einem spätestens dann wieder bewusst wird, wenn man durch das liebreizende Honaria fährt. Durch die Verspätung und meine Besorgungen bin ich dann letztendlich erst um 12:00 Uhr im Hotel. Insgeheim hatte ich noch gehofft nach dem B-17 Bomber tauchen zu können, aber die Zeit reicht wieder mal nicht und ab 15:00 Uhr ist der Sonnenschein den Gewitterwolken gewichen.
Zyklon Ann
Solomon Airlines hat mit dem Flug von Honiara nach Gizo, seinen Zuverlässigkeitscore auf 50% erhöhen können. Auch das Boot steht schon bereit. Mal sehen ob ich schon reif für die Insel bin. Ich hab mich selbst verbannt! Zugegeben, der Verbannungsort ist nicht der schlechteste. Ein Korallenriff mit einer Insel in der Mitte, Holzhäusern mit Terrasse und Meerblick und einem offenen Restaurant mit Bar. Was kann man hier machen? Schnorcheln und zu einer noch kleineren Insel paddeln. Um 10 am Morgen bin ich angekommen und um 14:00 Uhr war ich mit dem Programm durch! Das Highlight hier sind die Riffhaie, die um das „Imagination Island Resort“ patrollieren und die sich beim Schnorcheln bis auf wenige Meter nähern. Eine Hong Kong Chinesin mit amerikanischen Pass und koreanischen Vorfahren, die in Australien lebt und ich sind die einzige Gäste. Mir ist langweilig!
Als ich mit Gilli, dem Verwalter des Resorts am Nachmittag im Restaurant sitze und angestrengt versuche den australischen Akzent zu verstehen, beginnt das Gebäude zu schwanken. Erst wundere ich mich und denke an die Wellen des Meeres, doch weder ist es windig noch gibt es nennenswerte Wellen. Es ist ein kleines Erdbeben, welches die Gebäude schwanken lässt. Die kommenden Stunden sind schnell zusammengefasst. Morgens um sechs Uhr aufstehen und auf der Terrasse schauen ob sich der Sonnenaufgang fotografisch lohnen könnte, was meist nicht der Fall ist. Dann hoffen dass es vormittags sonnig ist, damit man wenigstens beim Schnorcheln klare Farben und gute Sicht hat. Haie beobachten, Stand-Up Paddeling üben, lesen, Mittag essen, lesen, Haie beobachten, wieder Schnorcheln und immer so weiter. Um nicht gänzlich in Langeweile zu versinken und mich mit Mixgetränken zu ruinieren, mache ich einen Tauchgang im nahen Sanbis Resort. Jeder der taucht wird nach vollziehen können, wie faszinierend es ist, durch diese fremde Welt zu schweben. Das gilt insbesondere für die Südsee, wo man jeden Meter auf wundersame Lebewesen stößt. Als wir auftauchen regnet wieder wie aus Kübeln. Das hört zwar am Nachmittag wieder auf aber der Sonnenuntergang ist wieder mal keinen Blick wert.
Lautes Schnarchen dröhnt noch aus der Hütte der Angestellten herüber, als ich aufstehe um nach dem Sonnenaufgang zu schauen. Nichts! Alles ringsum ist graublau und es wird nur langsam etwa heller. Der Blick nach draußen offenbart, dass es in den nächsten Stunden eher schlechter als besser wird. Heftiger Sturm und Regen zieht über diesen Teil der Salomonen. Wind peitscht die Wellen und das macht alle meine Pläne zu nichte. So fällt mir kaum mehr ein als noch zwei Stunden zu schlafen. Dann ist die Sturmfront durchgezogen. Aber von Südsee-Traumwetter ist das hier noch weit entfernt. Ich kann kaum verbergen, dass ich froh bin morgen hier wegzukommen. Insel ist nix für mich.
Graublau dämmert der Morgen über dem erloschenen Vulkan Kolombanga. In Vanuatu wird es besser laufen und auch dass Wetter wird hoffentlich besser sein, da bin ich mir sicher. Das der Zyklon Ann nun mein beständiger Begleiter sein wird und in Vanuatu nichts besser laufen wird ahne ich noch nicht.
Dieselbe Dash-8, wie auf dem Hinflug bringt mich über Mund zurück nach Honiara. Die Maschine wurde im August 1991 gefertigt und zumindest im Innenraum ist Gewebeband das Standard-Reparaturset. Flug IE 702 bringt mich dann von Honiara nach Port Vila.
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