Wildes Teneriffa

Eine Fotoreise über die größte Kanarenisel.
Volle Strände, Staus auf den Straßen, Gedränge in den Altstädten, dichter Verkehr auf den schmalen Straßen durch die Gebirgszüge. Ausgebuchte Unterkünfte, leere Mietwagenstationen und Wartezeiten vor beleibten Restaurants und Cafés. Seit den ersten Lockdowns in Europa ist das Vergangenheit. Was für viele Menschen die im Tourismus Geld verdienten ein Fiasko ist, eröffnet den Besuchern Teneriffas heute die Chance, diese außergewöhnliche Insel annähernd so zu erleben, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr möglich war. Relativ ungestört kann man Aussichten genießen, in den Lorbeerwäldern wandern oder den Teide-Nationalpark durchstreifen. Eine Fahrt auf den Gipfel des Teide kann man am Vormittag buchen und am frühen Nachmittag antreten.

Teneriffa Ostküste
Wir starten mit unseren Mietwagen am Flughafen Aeropuerto de Tenerife Sur Reina Sofía und fahren die Autopista del Sur Richtung Norden.In unmittelbarer Nähe zum Meer prägen Hochspannungsmasten, Windparks, Frachtterminals, Logistikhallen, Einkaufszentren und „Copy & Paste“ Siedlungen die karge und meist windgepeitschte Landschaft. Doch selbst hier, wo man nur ungern seinen Urlaub verbringen möchte gibt es Orte die einen Besuch wert sind.

Der Arco de Tajao ist ein fragiler Sandsteinbogen unweit der Küste im Ort Vijigua. Der aufmerksame Beobachter sieht ihn schon von der Autobahnabfahrt. Am frühen Morgen liegt der Bogen gut im Licht.

Eine Ausfahrt weiter gelangt man zum Sanatorio de Abades. 1944 als Leprastation gebaut, wurde es vor Ende der Epedemie nicht fertig und steht seitdem leer.
Bei Güímar, nahe der Ortschaft Chacona, finden sich sechs rechteckig langgestreckte, pyramidenförmige Terrassenbauten aus mörtelfrei aufgeschichteten Lavasteinen. Diese sind im 19. Jahrhundert entstanden, doch ist der Grund ihrer Errichtung bis heute ungeklärt. Alte Darstellungen belegen, dass diese Pyramiden einst überall auf Teneriffa zu finden waren.
Unsere Fahrt geht weiter nach Santa Cruz, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und abwechselnd mit Las Palmas de Gran Canaria eine der Hauptstädte der Autonomen Gemeinschaft Canarias im Königreich Spanien.

Santa Cruz
Santa Cruz ist das wirtschaftliche Zentrum und mit etwa 210 Tausend Einwohnern die größte Stadt Teneriffas. Die Altstadt hat nicht viel zu bieten und ist eher durch Geschäfte geprägt. Bekannt ist vor allem das ab 1989 durch den Architekten Santiago Calatrava gebaute Aditorio de Tenerife. Die Markthalle Nuestra Señora de Africa sollte Santa Cruz und Teneriffa attraktiver machen. Am 5. August 1942 wurde auf Anweisung Franco´s der Grundstein für die Markthalle gelegt. Im erst 1956 ausgebauten Untergeschoß befindet sich Fischhalle und Gemüsemarkt. Auf dem Marktgelände werden hauptsächlich in Teneriffa ökologisch erzeugte Produkte verkauft. Die Frauenfigur am Haupteingang ist die „Lechera“, ein Milchmädchen. Diese Frauen trugen vor langer Zeit die Milch von den Weiden bei La Laguna, nach Santa Cruz.

Anaga Gebirge
Von Santa Cruz fahren wir am Hafen vorbei. Vor dem Hafen auf Reede liegen fünf große Kreuzfahrtschiffe und warten auf das Enden der Covid-19 Pandemie. In San Andrés biegen wir ab und fahren ins Anaga Gebirge. Meist bläst Wind die von Norden über den Atlantik heranziehenden Wolken über die gezackten Gipfel. Wolkenberge türmen sich über den Bergen, es wird stürmisch und schon bald tauchen wir in den Nebel ein, der hier in den Wipfeln der Bäume hängen bleibt. Immer dichter wird der Wald und die langen hölzernen Arme bilden über der Straße ein Dach durch das kaum ein Lichtstrahl dringt.

Trotz des rauhen Klimas zieht es Scharen von Wanderern in die Lorbeerwälder, die so mystisch, wie ein Filmset wirken. Grüne Farne hängen von Zweigen und Ästen die sich über schmalen Wegen zu einem Baumtunnel formen. In der mystischen Stimmung die dieser Wald erzeugt, erwartet, das jeden Moment ein Troll oder eine Fee den Weg kreuzt. Doch die gibt es ja nur in Skandinavien und Island. Die Anzahl der Wanderer wird über kostenlose Permits der Parkverwaltung limitiert und sind schwer zu bekommen.

Playa Benijo
Dort wo das Meer mit der Küste ringt, findet man oft die schönsten Plätze. Besonders eindrucksvoll ist das zumeist auf Inseln vulkanischen Ursprungs. Tosend bearbeitet dort die Brandung die schroffen Felsen. Wenn dann die Sonne in der nahe am Horizont die Wolken färbt, kann dies ein unvergesslicher Augenblich sein. Einer dieser Orte, die nicht so leicht zu erreichen sind und meine persönliche TOP 1 Location, ist der Playa Benijo. An diesem Strand ist die Illusion einer wildromantischen Insel weit ab der Zivilisation fast perfekt.

Auf der TF-5 südwärts
Da die Straße in den Norden hier fast zu Ende ist, fahren wir zurück durch den Mercedes-Wald über La Laguna nach Puerto de La Cruz. Die Autopista TF-5 führt uns nun Richtung Süden.

Die nordwestliche Küste
Von Santa Cruz und La Laguna kommend, beginnt in Tacoronte die klimatische Zone, die Teneriffa den Ruf der „Insel des ewigen Frühlings“ einbrachte. Von Tacoronte bis Buenavista del Norte ist dieser Küstenteil abgeschirmt von Wolken und Regen des Nordens und der Hitze des Südens. Hellgrün, Graugrün, Moosgrün. Dahinter das Blau des Atlantiks. Das sind hier die Farben Teneriffas. Die Landschaft ist durchzogen von vielen Wanderwege und in den Altstädten mischen sich Touristen in einem ausgewogenen Verhältnis mit den Einheimischen. Die zerklüftete Küste mit schwarzen Stränden, Bananenplantagen und den bekannten „Loro Park“ bietet Interessantes für jeden Geschmack.

War es das extravagante Refugium exzentrischen Inselfürsten? War es ein Hotel? Wozu dienste wohl einst das Haus dessen entdachte Gebäudehülle heute immer noch auf einem vorgelagerten Felsen Wind und Wetter trotzt? Das „Casa Hamilton“ wurde im Jahr 1903 als Pumpenhaus gebaut. Man erkennt noch heute die gemauerten Wasserleitungen, die sich den Hang hinaufziehen. Hier arbeitete die erste Dampfmaschine auf Teneriffa. Das Wasser wurde auf die verschiedenen ehemaligen Bananenplantagen im Orotava-Tal gepumpt. Die Gemeinde Los Realejos bemüht sich für die Ruine den Staus Weltkulturerbe zu bekommen und die Anlage so der Nachwelt zu erhalten.

La Orotava
Nach diesem Abstecher zur Küste verlassen wir die Autopista in La Orotava. DieAltstadt von La Orotava ist von allen Orten die wir auf Teneriffa gesehen haben, unser „Place to be“. Hunderte Jahre alte Häuser mit großen bepflanzten Innenhöfen, die man zum Teil auch als Unterkunft nutzen kann. Kein Trubel wie in Santa Cruz oder Puerto de la Cruz. In den verwinkelten Gassen der Altstadt kann man sich treiben lassen und viel Historisches entdecken. Nicht selten ist man dabei allein. Touristen sind hier zurzeit eine seltene Spezies. Dabei ist La Orotava, mit direktem Anschluss an die Autopista und an der Hauptzufahrt zum Teide Nationalpark gelegen, ein idealer Ausgangspunkt für Touren in alle Teile der Insel.

Teide Nationalpark
Aus dem Zentrum von La Orotava bis zum Eingang des Teide Nationalparks sind es nur 24 Kilometer. Diese Nähe nutzen wir und winden uns über scheinbar endlose Serpentinen auf etwa 2.300 Meter über dem Meer.

Das gut ausgebaute Straßennetz ermöglicht eine bequeme Zufahrt zum Teide Nationalpark aus allen Richtungen.
Iqod de los Vinos
Wir fahren wieder hinunter und weiter auf der Autopista In La carrera endet die Autopista TF-5 und wird als gut ausgebaute Landstraße TF-5 weitergeführt. In Iqod de los Vinos verlassen wir die Landstraße das verpennte Örtchen zu besuchen.
Hier steht der Drago Milenario, der bekannteste Drachenbaum der Kanaren. Der Drachenbaum ist aber weder eine Million, noch eintausend Jahre alt. Sein Alter wird neuesten Erkenntnissen nach auf etwa vierhundert Jahre geschätzt. Iqod ist bis auf wenige Besucher ein Ort der Ruhe. In der Altstadt hat es die Iglesia de San Marcos aus dem 16. Jahrhundert durch das bemerkenswerte Renaissanceportal zu Bekanntheit gebracht.
Spannender ist da vielleicht die Cueva del Viento, eine der längsten Lavahöhlen der Welt.

Los Gigantes
Los Gigantes ist eins der entferntesten Ziele auf der Insel. Umso mehr waren wir enttäuscht, als wir zwölf Kilometer vor dem Mirador Punta de Frailete an einer Straßensperrung standen. Aus uns unklaren Gründen ist die Zufahrt nur noch mit Taxi oder Bus möglich.

Masca
Von Buena Vista del Norte sind es nur 18 Kilometer bis Masca. Allerdings kann die Fahrt für die Peristaltik eine Herausforderung sein. Die Querung des Teno-Gebirges erlaubte keine geraden Straßenabschnitte und es folgt eine Serpentine auf die andere. Hinter dem Namen Masca findet sich in Reiseführer ein rotes Ausrufezeichen oder der Ort wird gar noch als Geheimtipp vermarktet. Für uns bedeutet das eher „keep away from“. Aber in der Corona-Dauerlowsaison besuchen wir den Ort dann doch einmal. Das kleine Bergdorf im Teno-Gebirge im Nordwesten war bis zum Bau einer asphaltierten Straße von Buenavista del Norte nach Santiago del Teide in den 1980ern nur zu Fuß erreichbar. Heute besuchen Tagestouristen aus allen Teilen der Insel den Ort. Berühmt ist die Masca-Schlucht auch für den spektakulären Wanderweg hinunter zum Meer, der jährlich von etwa 100.000 Wanderern genutzt wird. Die Qualität der Restaurants und Cafés steht in keinem Verhältnis zum Preis. Ein Wanderer müsste mindestens zwei Portionen bestellen um für den weiteren Weg gestärkt zu sein. Außer einem kleinen ethnografischen Museum gibt es in Masca auch nicht wirklich viel zusehen. Hat man diesen Ort nicht besucht, hat man nicht viel versäumt.

Fazit
Der sonnige und trockene Süden, die grüne und rauhe Bergwelt des Nordens, die zerklüftete Küste, kleine Bergdörfer, duftende Kiefernwälder, das geschäftige Santa Cruz, die pittoreske Altstadt von La Orotava. Die größte Kanareninsel kann tatsächlich wie eine kleine Weltreise sein und hat sich zu unserem Escape-Room in der Pandemie mit seinen drastischen Reisebeschränkungen entwickelt.
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