Wildkatzen ganz nah

11. Januar 2020

Obwohl Hütscherode nur sechs Kilometer von der Autobahn 4 entfernt und direkt am Rand des Nationalparks Hainich liegt, verirrten sich lange Zeit nur wenige Besucher in den abgeschiedenen Ort. So saßen an einem diesigen Februartag im Jahr 2010 der Bürgermeister Bernhard Bischof und Manuel Spieth in der Gaststube zusammen und ersannen die Idee eines Geheges für Wildkatzen, um mehr Besucher in den Ort zu locken. Manuel Spieth war Pächter eines geeigneten Geländes am Rand des Dorfes. Mit einem Handschlag und einem Schnaps wurde die Umsetzung beschlossen.

Allerdings bekam der BUND von der Sache Wind und wollte bei diesem Projekt mitmachen. „Wenn wir so etwas schon unterstützen, dann machen wir es gleich richtig“, war die Haltung beim BUND. So entstand auf dem Gelände am Dorfrand ein 800 Quadratmeter großes Areal, auf dem man auf artgerechte Weise versucht dem Besucher diese scheuen Tiere und ihre Probleme in unserer Welt zu überleben, nahe zu bringen.

Fossilienfunde legen nahe, dass bereits vor 300.000 Jahren in Europa die moderne Wildkatze die Wälder durchstreifte. In Afrika und Asien tauchte die Wildkatze erst vor etwa 130.000 Jahren auf. Die Wildkatze durchstreifte unsere Wälder bereits lange bevor die Römer die ersten Hauskatzen über die Alpen brachten. Die uns bekannte Hauskatze kann dagegen erst ab dem 1. Jahrhundert nachgewiesen werden. Der Lebensraum der Wildkatzen sind naturnahe Laub- und Mischwälder. Die gute Infrastruktur, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand und bis heute ausgebaut wird, zerschnitt den Lebensraum der Wildkatzen. Sie sind zu einem Leben auf  den Inseln der letzten intakten Wälder gezwungen, denn sie finden auf den industriell bewirtschafteten Agrarflächen kaum noch Schutz während ihrer Wanderungen zu neuen Revieren. Tod auf Straßen, Autobahnen oder Inzucht waren die Folge.

Die Population in Deutschland wir auf etwas mehr als 3.000 Individuen geschätzt. Sie kommen in den Wäldern des Vogesen, im Schwarzwald, dem Pfälzerwald,  im Nationalpark Hainich, im Thüringer Wald, im Harz, im Elm, im Hunsrück, in der Eifel, im Siebengebirge und auch im Saarland vor. In Nordhessen sind die Populationen heute ebenfalls wieder im Wachstum begriffen. Die Populationen sollen im Rahmen eines Projektes des Bundesumweltministeriums mit naturbelassenen Waldkorridoren verbunden werden.

Heute findet der Besucher des beschaulichen Ortes Hütscheroda, der keine 100 Einwohner zählt, einen Wildkatzenschleichpfad, ein Wildkatzenmuseum und das naturnahe Schaugelände, auf dem derzeit drei Wildkatzen leben. In Planung ist eine vierte Wildkatze aufzunehmen und ein Gelände für Luchse zu bauen. Hier werden die scheuen und versteckt lebenden Katzen dem Besucher nahe gebracht. In einen kurzweiligen Vortrag während der Fütterung erfährt der Besucher einiges über die Etablierung eines europaweiten Rettungsnetzes für die Wildkatzen und über das Leben der Tiere selbst.

Seit im Juni 2011 der thüringische Nationalpark Hainich zum Weltnaturerbe der UNESCO erklärt wurde, kommen nun immer mehr Besucher nach Hütscheroda und das Überleben der Wildkatzen ist etwas wahrscheinlicher geworden.

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