MAILAND & LA DOLCE VITA


„La dolce Viata“ küsst uns schon vor Abflug in Tegel, in Gestalt von zwei zu schnell gealterten Milano-Chicks. Wir kaufen uns Wasser für den Flug, da Air Berlin ja nur noch gegen überzogenes Entgelt dazu bereit ist seine Fluggäste vor dem Dehydrieren zu bewahren, die Chicks dagegen kaufen zwei Flaschen Weißwein. Um genau 8:00 Uhr ist die erste Flasche entkorkt und der Traubensaft gluckert durch die faltigen Hälse der Beiden. Nicht mehr ganz gradlinig bewältigen sie das Boarding, um dann während des Fluges die zweite Flasche zu leeren. Am Linate Airport in Milano haben sie es dann doch schwer den Bus zu besteigen, ohne sich in den Gang zu legen. Was aus diesem Tag wohl noch geworden ist für die Zwei?Mailand empfängt uns mit 13° Celsius und einem wolkenverhangenen Himmel. Für 9,00 Euro kaufen wir ein Busticket vom Flughafen bis zum Hauptbahnhof und zurück. Der Bus braucht etwa 20 Minuten für die Strecke und ist eine günstige Alternative zum Taxi, welches 45 Euro kosten würde.
Das „48 Stunden Metro Ticket“, nutzbar für alle öffentlichen Verkehrsmittel kostet 8,25 Euro (Grüße an die deutschen Nahverkehrsunternehmen).
Vom Bahnhof laufen wir 15 Minuten zum „Starhotel Ritz“ und bekommen dort ein Upgrade für ein großes Doppelzimmer mit begehbarem Kleiderschrank in der oberen Etage des Hotels.

Die urtümlichen Wagen mit Holzbänken, knarzen während sie quietschend um die Kurve kreischen. Ganz anders als die Plastikröhren daheim, die ich allerdings nie nutze. Aus der Bahn sehen wir viele kleine Straßencafés unter Bäumen, die aber heute bestenfalls als Anlegestelle genutzt werden können, da sich die Straßen und Gehwege langsam in Flüsse verwandeln. An der Piazza Cardona steigen wir aus und gehen im „Van Bol & Feste“ Kaffee trinken und Kuchen essen. 20 Euro für zwei Kaffee und zwei Stück Kuchen empfinden wir als teuer. Wir beschließen das miese Wetter für einen Besuch des Doms zu nutzen, spannen die Schirme wieder auf und machen uns auf den Weg. Der Kartenverkauf ist in der Piazza Duomo 14/a. Dort ziehen wir am Automaten eine Wartenummer und warten. Idealerweise ist der Warteraum auch gleichzeitig Andenkenshop. Wenn dann die Nummer auf der Tafel angezeigt wird, darf man Eintrittskarte holen und geht dann zum Dom. Man kann die Eintrittskarten aber auch an einem Automaten kaufen, was eventuell etwas Zeit spart. Vor dem Dom kontrolliert das Militär die Taschen und man darf eintreten. Der Eintritt für den Dom beträgt 3 Euro. Für die Domterrassen benötigt man ein gesondertes Ticket, welches sich mit 16 Euro in der Reisekassen niederschlägt. Normalerweise wartet man in einer zwei- bis fünfhundert Meter lange Schlange den Dom betreten zu dürfen. Am späten Nachmittag dieses regnerischen Tages, an dem für die Besichtigung nur noch eine Stunde bleibt müssen wir nirgends mehr anstehen. Während man im Ticket- und Souvenirshop den Schirm in einem Schirmständer im Eingangsbereich abtropfen lassen, oder ihn in einer Schirmtüte verpacken musste, stört es niemanden wenn man den Dom bekleckert.
Welch ein Monumentalbau, der in seinen Details doch so filigran wirkt. Eine Manifestation des Glaubens aus Marmor. Kameras klicken, alles in Griffhöhe ist blankpoliert von Millionen grapschender Hände. Damals, in einer Welt in der die meisten Menschen in dunklen Katen aus Holz und Kuhmist hausten, ist wohl jeder Gläubige aus Ehrfurcht vor diesem Gotteshaus auf die Knie gesunken. Der Dom ist auch heute noch das drittgrößte katholische Gotteshaus. Baubeginn war 1386 und bis zur Einweihung 1572, waren dann schon mal 186 Jahre vergangen. Weitere 393 Jahre später, im Jahr 1965 war dann die „endgültige“ Fertigstellung des Doms. Da sage doch noch jemand was gegen die Hamburger Oper oder Airport BBI.Zum Abendessen finden wir uns wieder im Stadtteil Brera ein und speisen in der Mozarellabar „.O.B.I.C.A.“. Falsch machen kann man bei der Wahl des Restaurants recht wenig, denn alle Lokalitäten sind maximalbestuhlt. Das bedeutet, dass selbst schlanke Personen wie wir, mit den anderen Gästen Lehne an Lehne sitzen. Wie das dann die beleibtere Fraktion macht bleibt unklar. Auch muss man nicht überall davon ausgehen freundlich behandelt zu werden. Als Besucher eines Mailänder Restaurants fühlt man sich hin und wieder auch als Bittsteller. Die Auswahl an Restaurants ist in jedem Fall riesig. Auf der Buenos Aires reiht sich Designer-Läden aller Marken und Preisklassen aneinander und einige haben auch noch spät am Abend geöffnet. Wir suchen jedoch eine Gelateria um noch ein Eis zu schlecken. Nachts werden wir wach. Stroboskopartig zucken die Blitze vor dem Fenster, Regen trommelt an das Fenster und es donnert, wie ich mich nicht erinnern kann es schon mal erlebt zu haben.

Mit der Linea 10 fahren wir zur Via Dante. Die mit Basalt gepflasterte Straße, gesäumt von prachtvollen Fassaden, lädt zum Bummeln ein, ist hübsch anzusehen, aber nicht unique. Der Stadtteil Brera ist nun zu unserer Fressmeile geworden und heute testen wir das „Torre de Pisa“. Den Nachtisch lässt man am besten aus, denn besser ist ein Eis im „Amorino“, das von außen schon echt lecker aussieht. Wer diesen Stadtrundgang nachlaufen möchte, es sind 23,5 Kilometer und ich sage euch; wir waren total platt.29.04.2017 Danke. Wieder Sonnenschein und blue sky. Mailand möchte uns heute beeindrucken oder sollte es so sein, dass es zumindest hier jetzt endlich Frühling wird? Die Reiseführer warnen vor Mailand an einem Sonnabend, da die Stadt dann aus allen Nähten platzt und sogar die Straßenbahnen im Stau stehen. Daher haben wir uns entschlossen einen Ausflug mit dem Zug nach Bergamo zu machen. Auffällig sind besonders im Umfeld des Bahnhofes die vielen Flüchtlinge, die dort warten oder einfach nur den Tag verbringen. Sie kommen aus Eritrea, Äthiopien, Somalia und dem Sudan. Nach Schließung der Schweizer Grenzen sind weit mehr als 3.000 Migranten in Mailand gestrandet. Mehr als 400 Migranten sind in einem Flüchtlingslager unweit des Mailänder Hauptbahnhofs eingepfercht, in dem es eigentlich nur Schlafmöglichkeiten für 100 Personen gibt.
Vom Kopfbahnhof Mailand Central bringt der Zug in 45 Minuten die Reisenden für nur 11 Euro pro Person nach Bergamo und auch wieder zurück. Die Bahnsteige von denen die Züge abfahren, werden erst zehn Minuten vor Abfahrt bekannt gegeben. Auf diese Art bummeln einfach mehr Leute durch die Shops im Bahnhof. Die Gleise sind in Gates, ähnlich wie auf Flughäfen eingeteilt und vor Betreten des Bahnsteigs muss man sein Ticket vorzeigen. Kaum hat man Mailand verlassen ziehen die schneebedeckten Gipfel der Alpen am Fenster vorbei. Ein toller Anblick.

Das Wetter ist so schön, dass wir heute unsere Kaffeepause sogar im Garten des „Caffè del Colleoni“ verbringen können. (zwei Latte und zwei Croissants für 8,20 Euro). Bergamo ist eine Stadt auf zwei Ebenen. Auf der unteren Ebene befindet sich das geschäftige und moderne Bergamo. Wer Entspannung und Historie wünscht, stellt sich an der Seilbahn in die Oberstadt an. Das Ticket in die lauschigen, Kopfstein gepflasterten Gassen kostet 2,60 Euro. Während wir zum sehenswerten Dom bummeln, haben wir ständig das Gefühl, dass gleich Mönche aus dem Mittelalter um die Ecke kommen. Eine weitere Standseilbahn bringt uns für 1,30 Euro noch eine Ebene höher in den Stadtteil San Viglio und bei schönem Wetter wie heute, kann man bis Mailand sehen. Die Citta Alta (Alstadt) und Bergamo Bassa, die Unterstadt von Bergamo, liegt uns hier oben zu Füßen.
In der Pizzeria „San Vigilio“ werden wir durch einen Raum geführt, dann durch den nächsten Raum, die Treppen herunter und plötzlich stehen wir im Garten des Restaurants. Von außen ist dem Restaurant nicht anzusehen welche exponierte Lage und grandiosen Ausblick über grüne Hänge und die Stadteile Bergamos sich von hier oben bietet. Doch nicht nur der Ausblick lohnt einen Besuch, sondern auch die Speisen sind superlecker. Bevor man die Oberstadt San Viglio wieder verlässt, sollte man unbedingt dem Café „La Marianna“ einen Besuch abstatten. Dort wurde 1953 von Enrico Panattoni das berühmte Stracciatella Eis erfunden und mit einer Gelato-Kreation aus dem berühmten Haus sitzen wir auf der Bank in der Sonne, bevor wir mit der Standseilbahn wieder in die moderne Welt hinunterrumpeln.

Wer in die Santa Maria delle Grazie, in der das Original des von Leonardo da Vincis Gemälde „Das letzte Abendmahl“ hängt, sollte sich drei Monate vorher online anmelden und Karten kaufen. Andernfalls hat er keine Chance. Die Verweildauer vor dem Gemälde beträgt übrigens 15 Minuten.

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