KÜSTENHOPPING

Ostsee Sonnenaufgang Ahlbeck Seebrücke

11. Januar 2020

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?

Ostsee Usedom Mecklenburg Vorpommern Darß Fischland sunrise sunset Poel Baltic Sea„Das beliebteste Reiseziel der Deutschen ist, – kurzer Spannungsbogen –Deutschland“. Zu diesem Ergebnis kommen in den letzen Jahren immer wieder diverse Umfragen. Tatsächlich gewinnen wir im privaten und beruflichen Umfeld den Eindruck, dass der Kreis jener größer wird, die im Schwarzwald, im Harz, an der Nordsee oder gar in den Agrarflächen Mecklenburgs ihr Urlaubsglück finden. Waren es in der Vergangenheit meist finanzielle Gründe, welche einen Teil der Deutschen dazu bewog im eigenen Land oder gar auf Balkonien Urlaub zu machen, so haben inzwischen auch Gutverdiener Deutschland für sich entdeckt.

Man kann heute gar nicht mehr so schnell schreiben, wie sich die politische Lage in der Welt verschlechtert. MH370, vermisst im indischen Ozean, MH 17 abgeschossen über der Ukraine, Airbus A321 der Metrojet abgestürzt über der Sinai-Halbinsel am 31. Oktober 2015 in Folge einer Explosion und Flug MS804 der Ägypt Air ereilte das gleiche Schicksal am 16. Mai 2016. Anschläge in Ägypten, in Tunesien, Paris, Istanbul, Brüssel uns Nizza. Die Geheimdienste weltweit überschlagen sich mit Terrorwarnungen. Da wird es Lischen Müller Angst und Bange und sie tauscht ihre Djerba Reise gegen einen Aufenthalt im Robinson Club am Fleesensee.

Auch nicht jeder mag die Zeremonie, die man über sich ergehen lassen muss, bis man endlich in einem Flugzeug sitzen darf. Eingepfercht in gewinnmaximierten Sitzreihen quält man sich in 11.000 Metern Höhe durch die Nacht oder sogar durch den kostbaren Urlaubstag. Nach endlos scheinenden Stunden in getrockneter Luft angereichert mit Viren, Bakterien und den Hautschuppen anderer Passagiere, verabschieden einen die Flugbegleiter und Begleiterinnen am Zielflughafen mit einem freundlichen Lächeln und man ist spätestens dann urlaubsreif. Wer Glück hat bekommt auch seine Koffer zurück, die manchmal sogar unbeschädigt sind. Welche albtraumhaften Zimmer dann teilweise als Unterkunft für die Familie herhalten müssen, zeigt das Privatfernsehen alljährlich zur Hauptreisezeit in ihren Pseudoreportagen. Das bei einem zweiwöchigen Urlaub für 458 Euro pro  Person, inklusive Flug, Transfer und „all inclusive“- Trink- und Essgelagen nicht mehr zu erwarten ist, sagen sie nicht!

Mama hat Flitzekacke, Papa schlechte Laune, die Göre Sonnenbrand und das mit der Verständigung klappt auch nicht so richtig. Haben Mami und Papi dann den zweiwöchigen Kampf um die Liegen am Pool, das Essen am Buffet und gegen die Insekten im Zimmer überstanden und noch den einen oder anderen Ausflug gemacht, packen sie ihre Plünten und ein paar Kakerlaken, in den Koffer und treten die Heimreise an. Um 4:32 Uhr werden sie vom Sammelbus vom Hotel abgeholt, warten stundenlang auf den Abflug, pressen sich wieder in die engen Sitze, schauen ungläubig auf das was die Crew als Essen verteilt hat und sind völlig durch, wenn die Tür der eigenen vier Wände hinter ihnen in Schloss gefallen ist. „Puhh, nächstes Jahr fahren wir auch wieder ans Meer. Mit dem Campingwagen ans Steinhuder Meer!“

Zwölf Millionen Familien pro Jahr können nicht irren! Trotzdem ich neuen Trends gegenüber skeptisch bin, versuchen wir es nun auch einmal mit Urlaub im eigenen Land.

Ostsee Usedom Mecklenburg Vorpommern Darß Fischland sunrise sunset Poel Baltic SeaUSEDOM – Die Nähe zur Ostsee verleitet den gemeinen Hauptstädter oft zu einer Fahrt nach Usedom, der sogenannten Badewanne der Berliner. So fahren wir an einem Sonntag von Berlin auf der A 11 durch das ökonomische Tiefland Brandenburgs bis zum Kreuz Uckermark. Von hier herrscht dann auf der A20 freie Fahrt für freie Bürger. Nach nur zweieinhalb Stunden, wenn alles gut läuft, steht man dann auf der Strandpromenade in Ahlbeck. Die mondänen Seebäder Usedoms erlebten ab Mitte des 19. Jahrhunderts einen stetigen Aufstieg und wurden durch den Namen „Kaiserbäder“ geadelt. Da auch die Arbeiter und Bauern in der DDR mit Urlaub bei Laune gehalten werden mussten, wurden 1953 die meisten privaten Hotels und Pensionen beschlagnahmt und enteignet. Die volkseigenen Betriebe der DDR und der FDGB übernahmen nun Villen, Hotels und Restaurants. Nur wenige private Pensionen und Ferienwohnungen waren „frei“ verfügbar. Staatlich subventionierte Niedrigpreise und Massentourismus ließen den einstigen Glanz der Kaiserbäder verblassen. 3,4 Millionen Urlauber reisten 1986 über den FDGB Feriendienst in den Ostseebezirk Rostock.

Die Ostseebäder erstrahlen inzwischen wieder im neuen Glanz. Verschwunden ist die Patina jahrzehntelanger Vernachlässigung. Geblieben ist die Masse der erholungssuchenden Urlauber und Tagestouristen. Man könnte manchmal sogar denken es sind mehr geworden. Tausende flanieren an sonnigen Tagen in den Ferien über genormtes Verbundpflaster, an den blendend weißen Fassaden der neuen und alten Gebäude entlang. Schilderwälder maßregeln nicht nur die Verkehrsteilnehmer, sie zeigen auch die Hotels, das nächste Spa, die Kurverwaltung, Bahnhof, Parkplatz Restaurants und Cafés an. Supermarktketten haben große Flächen planiert, betoniert und ihre architektonisch anspruchslosen Bauwerke darauf gestellt, damit Einheimische und Besucher nicht mehr hungern müssen.

Kommt man mal einfach so in eins der Seebäder gefahren, um dort mal eine Stunde zu baden, steht man vor einem Problem. Bei der Suche nach einem Parkplatz verzweifelt man, denn wenn parken irgendwo erlaubt ist, benötigt man meist eine Genehmigung. Hat man keine Unterkunft die einen Parkplatz zur Verfügung stellt, wird es schwierig. Hat man seine Karre dann doch irgendwo platziert, zahlt man als Tagesgast eine Strandnutzungsgebühr.

Schon auf der Strandpromenade kitzelt die salzige Luft die Sinne und das Meeresrauschen versetzt jeden in eine entspannte Urlaubsstimmung. Hinter den Dünen breitet sich die Ostsee aus, deren Wasser an den Stränden Usedoms eine braune Brühe ist. Oft ist sie ohne Wellen wie ein Dorfteich. Die raue Schönheit des Binnenmeeres zeigt sich meist nur an stürmischen Tagen im Frühjahr und im Herbst. Die Insel Usedom ist die sonnenscheinreichste Insel Deutschlands, was sich bei unserem Besuch bestätigt. Während der Rest des Landes sich in diesem Sommer mit mäßigem Wetter und Starkregen plagt, fühlt es hier auch fast wie Sommer an, auch wenn die Tageshöchsttemperaturen von 20 Grad Celsius nicht gerade rekordverdächtig sind. In der Sonne strahlen die weißen Fassaden der alten Villen mit ihren typischen aufwendig gearbeiteten Holzbalkonen. Mit nackten Füßen am Strand entlang, gehen wir zur Seebrücke von Ahlbeck. In dem nahen Musikpavillon finden regelmäßig Konzerte statt und Klassik, Pop oder Jazz schallt vom Strand bis in den Ort. Wir verweilen jedoch nur kurz beim Akkordeon Konzert und wandern auf der Promenade ostwärts bis an die polnische Grenze. In den Orten Heringsdorf und Ahlbeck finden sich an jeder Ecke Geschäfte, die Schmuck aus Bernstein anbieten. Das versteinerte Harz war einst so wertvoll wie Gold und soll seinem Träger Glück bringen. Wusstet Ihr das echter Bernstein in Salzwasser schwimmt? Wir auch nicht. Es wäre wirklich ein Glücksfall selbst Bernstein am Strand zu finden. Da ungeschliffener Bernstein für Laien kaum von den anderen Steinen zu unterscheiden ist, sind es meist nur Spezialisten die dieses Glück haben.

Der Neubau und Wohntrakt des Strandhotels TRYP WYN in Ahlbeck, ist zwar das hässlichste Gebäude im Umkreis von einhundert Kilometern (vielleicht auch mehr), die Dachterrasse im sechsten Stock gehört jedoch zu den schönsten Plätzen an der Strandpromenade. In den warmen Strahlen der Morgensonne, sitzen wir hier beim Frühstück, hören dem Geschrei der Möwen zu und blicken auf die spiegelglatte Ostsee. Usedom langweilt uns und wir freuen uns auf die Insel Rügen.

Ernst Moritz Arndt Sicht - Jasmund NP Ostsee Usedom Mecklenburg Vorpommern Darß Fischland sunrise sunset Poel Baltic Sea

Ernst Moritz Arndt Sicht – Jasmund NP

RÜGEN VINETA – Vor der Küste Rügens, lag einst die reiche Stadt Vineta. Hochmut und Verschwendung führten zu ihrem Untergang. Doch alle hundert Jahre taucht sie wieder auf und einem Sonntagskind wäre es mit nur einem Pfennig möglich, die Stadt und seine Bewohner von dem Fluch des Lebens in der Zwischenwelt zu erlösen. Doch bisher hatten die Bewohner Vinetas dieses Glück nicht. Vineta heißt heute Ahlbeck, Heringsdorf oder Sellin. Wie Binz auf Rügen wirken die Orte als wäre ein überdimensionaler Eimer weisser Farbe über der Stadt ausgekippt worden. Wir bestaunen bei einem Rundgang die makellosen historischen Fassaden und die Neubauten, die sich vergeblich mühen den Stil der historischen Architektur aufzugreifen. Das tut den Immobilienboom keinen Abbruch und so erreichen die Preise mühelos Hauptstadtniveau. Auf der Promenade schlürfen wir noch einen Latte Macchiato und fahren dann weiter nach Sassnitz.
Von der Waldhalle laufen wir durch den Jasmunder Forst bis zum Königsstuhl und der Stubbenkammer. Der Bus bringt und vom Nationalpark-Zentrum zurück nach Sassnitz. Von dort laufen wir dann wieder zweieinhalb Kilometer bis zum Parkplatz an der Waldhalle. Weiter geht es nach Putgarten. Hier im Nordwesten zeigt die Insel ein ganz anderes Gesicht als in den quirligen Seebädern. Beschaulich geht es in den kleinen Orten zu. Die Steilküste und die wenigen Strände lassen hier viel Platz für fast unberührte Natur. Wir erwandern die Natur auf einem Rundgang vom Nordstrand, dann unten an der Steilküste entlang und über die gesperrte Treppe am Pegelhaus wieder hinauf. „Tschu Tschu“, steht hinten an dem Traktor der sich und seine beiden Anhänger als Zug verkleidet hat und zwischen Parkplatz und den Leuchttürmen pendelt. Durch Zufall erwischen wir den letzten „Zug“ zurück in den Ort, sonst müssten wir noch einmal eineinhalb Kilometer zusätzlich laufen. Wenn der letzte Bus den Parkplatz von Putgarten verlassen hat, legt sich Stille über die nördlichste Gemeine Rügens. Die wenigen Bewohner und Besucher sind dann unter sich. Zwölf Kilometer zu Fuss sind nicht genug und so schlendern wir noch etwas durch den Ort. Die unmittelbare Nähe zur Kreideküste, hat einen Künstler dazu inspiriert einzigartige Andenken aus Kreide zu fertigen. Die kleinen Kreidefiguren kann man nur hier in Putgarten kaufen. Nun sind unsere Wanden hart und die Gesäßmuskeln schmerzen. Im Restaurant des Hotels am Kap Arkona lassen wir den Tag noch einmal Revue passieren und geniessen das herausragende Essen. Allerdings kann man nur mit dicker Jacke draussen sitzen.

Ostsee Usedom Mecklenburg Vorpommern Darß Fischland sunrise sunset Poel Baltic SeaB Day-Breakfast im Hotel zum Kap Arkona. Allerdings wollen wir bei 17 Grad Celsius lieber drinnen sitzen. In einem Autokorso schleichen wir über die Insel. Irgendjemand in der Kolonne ist immer dabei, der darauf achtet, die zulässige Höchstgeschwindigkeit um wenigstens zwanzig Kilometer in der Stunde zu unterschreiten. Ziel ist das Jagdschloss Granitz. Das 1846 fertiggestellte Schloss gehört auch für nicht so geschichtsaffine Inselbesucher, wie wir es sind, zu den „must see“ auf Rügen. Eine Kaffepause in Sellin, ein Blick auf die Seebrücke und weiter geht die Fahrt in das verschlafen wirkende Putbus. Beeindruckend finde ich immer wieder die Gebäude am Cirkus, wie dort der zentrale Platz heisst. Vergesst alle Andenken die es von der Ostsee gibt! Das Einzigartigste was ich an Kunstgewerbe je gesehen habe, findet sich in dem unscheinbaren Geschäft einer jungen Künstlerin der Insel, mit dem „Namen „Ein Tag am Meer“. Wir zwingen uns dort nicht länger als eine Stunde zu verweilen und das gesamte Urlaubsbudget dort zu lassen. So verlassen wir Putbus und fahren nach Ahrenshoop. Da sich das Wetter positiv entwickelt und wir unser Apartment erst um 16:00 Uhr beziehen können, entscheiden wir uns unterwegs zu einer Fahrt mit einem Zeesenboot. Eine gute Entscheidung, denn das Wetter wird immer sommerlicher. Der Skipper und Eigner des Bootes ist ein Mecklenburger Original. Er hat seine Leidenschaft für alte Boote zum Beruf gemacht und erzählt nicht nur langweilige geschichtliche Fakten über die alten Zeesenboote, sondern verpackt sie in spannende Anekdoten aus seiner Zeit als Segler und Restaurator dieser traditionellen Fischerboote.

Ostsee Usedom Mecklenburg Vorpommern Darß Fischland sunrise sunset Poel Baltic SeaNach diesem wirklich schönen Segeltörn, fahren wir nach Ahrenshoop und füllen unsere Mägen mit einer Auswahl der sensationellen Kuchenkreationen des „Café Namenlos“. Danach beziehen wir erst einmal unser Zimmer im „Claassen“ und besorgen uns zwei Fahrräder für den morgigen Tag. Sommersonne und das Plätschern der Wellen sind die Gratiszugaben, die das Ferienhaus „Claassen“ bietet, denn es liegt direkt am Strand hinter den Dünen in der ersten Reihe. Nur wenige Meter und man hat Muschelkalk und Sand zwischen den Zehen. So ist Ostsee schön!

Ein Rundgang durch Ahrenshoop offenbart schnell, dass die ehemalige Künstlerkolonie zu einer Touristenkolonie mutiert ist. Die meisten der typischen reetgedeckten Häuser sind Ferienhäuser, oft neu gebaut oder bis zur Unkenntlichkeit saniert. Man achtet penibel auf die Einhaltung des traditionellen Baustils, so dass es schwer fällt Neubauten von alten Häusern zu unterscheiden. Doch wer sucht findet auch heute noch in Ahrenshoop alte Fischerhäuser in verwunschenen Gärten.
Zum Abendessen finden wir uns wieder im „Café Namenlos“ ein. Oft ist es nur mit Vorbestellung möglich hier am Abend einen Tisch zu bekommen. Doch wir haben Glück. Und ergattern einen Tisch in der ersten Reihe der Terrasse, von der aus man auf die Ostsee sehen kann. Wir können es kaum glauben. Sassen wir zum Kaffee noch in Jacken hier, ist es inzwischen fast wolkenlos und wärmer als am Nachmittag.
Ein grandioser Sonnenuntergang, der den Strand in ein surreales orangenes Licht taucht, verzaubert die Menschen am Strand.

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Typisch Darß

Der Sommer der keiner sein will. Es ist kalt an diesem Morgen und die Ostsee liegt dunkelblau und reglos da. Nicht die kleinste Welle, die mit leisem Plätschern an den Strand aufläuft. Der Himmel hängt schwer und grau darüber und vereinzelt fallen Regentropfen. Wenn schlechtes Wetter ist oder auch nicht, fährt in den Ferien jeden Tag ein Autokorso zu Karls Erlebnishof an der B 105. Zwischen künstlichen Monstererdbeeren, Traktorbahn, Kartoffelsackrutsche, dem Maislabyrinth und dem „Fliegenden Kuhstall“ kreischen die Kinder. Die Erwachsenen finden ihr Glück auf beziehungsweise im Markt und schoppen frisch gebackenes Brot, Bonbons aus der Hausmanufaktur, selbstgekochte Seifen, Blumen, Tassen und anderen Nippes. In „Fietes Schuppen“ schwimmen die Fische durch die Zimmer eines Bauernhauses und wem immer noch nicht schwindelig ist der kann noch in der Eiswelt märchenhafte Skulpturen und Eisrutschen bestaunen. Karl hat aus Rambazamba ein Erfolgskonzept gemacht.

Das Wolkenradar und die Wettervorhersage prophezeien Regen und Wolken zwischen 6:00 Uhr und 11:00 Uhr. Keine guten Voraussetzungen für eine Radtour und wir befürchten die dreißig Euro für die Fahrräder verbrannt zu haben. So machen wir bei mehr oder weniger starken Regen eine Sightseeing Tour durch Ahrenshoop, Born und Zingst. Pünktlich um 11:00 Uhr, als wir zurück in Ahrenshoop sind, hört es auf zu regnen und die Sonne brennt uns auf dem Pelz.

Nur wenig später sitzen wir auf Fahrradsatteln und radeln Richtung Weststrand. Wir erkunden zwei Zugänge zum Strand und schieben dann unsere Räder mehrere Kilometer den Strand entlang bis zum Langseeweg. Es könnte eine neue olympische Disziplin werden. Zu was sind Menschen physisch im Stande, wenn es um Nichts geht? Wie absurd ist es ein eBike mit Reifen so breit wie die Rückseite einer Messerklinge an einem feinkörnigen Sandstrand entlang zuschieben? Schafft man drei Kilometer hat man die volle Punktzahl. Ohne Reifen gibt es Extrapunkte. Automatisch Sieger wird, wer es ganz ohne Räder schafft. Eine absurde Quälerei, landschaftlich aber der schönste Strandabschnitt von Fischland. Vom Strandzugang Langseeweg bis nach Prerow sind es dann noch einmal fast sechs Kilometer. Ich bin das alles schon einmal gelaufen und weiß: Der Weststrand ist so schön und menschenleer weil er so schlecht zu erreichen ist.

Die chilligste Adresse in Prerow für Café, Waffeln und Eis ist „Hein & Stin“. In einem bunten Garten vor einem originalen Reetdachhaus, kann man sitzend, fläzend oder liegend unzählige Sorten selbstgemachtes Eis, und die leckersten knusprigen Waffeln der Insel sowie Caféspezialitäten genießen. Doch irgendwann muss man auch da leider wieder weg. Auf dem Rückweg nach Ahrenshoop ereilt uns noch einmal ein kleiner Schauer, der jedoch der letzte des Tages ist.
Am Abend gönnen wir uns noch einmal das „Café Namenlos“, leider sitzen wir aber heute im Innenbereich, denn die Sonne dringt nicht durch die dicke Wolkendecke und es ist auf der Terrasse ungemütlich kalt und windig. Natürlich könnte man auch was anderes ausprobieren, aber meine Phantasie reicht nicht aus mir vorzustellen, das Freundlichkeit, Service und die Qualität der Esswaren irgend woanders besser sind. Am Abend feiere ich dann noch einmal den Sonnenuntergang am Weststrand fotografisch ab.

Neumünster – Wachstum ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft! Alle Werbung, alle Aktionen, alle Sales und alle Slogans lassen  sich auf eine  Botschaft reduzieren – KAUFEN! Aus nah und fern reisen Menschen mit PKW oder speziellen Bustouren an, um ihrer Konsumverantwortung im „Mc Arthur Glen Designer Outlet“ nahe Münster gerecht zu werden. Die LKW und PKW Kolonen haben alle ein Ziel. Die einen liefern, die anderen holen ab. In dem Potemkinschen Dorf im Stilmix aus Fachwerk, Neogotik und Phantasie-Jugendstil, schlendert der Shopper stundenlang durch die Läden, aller mir bekannter Designer. Wenn die Geldbörse leer ist tankt man beliebig an einem der Bankautomaten bunte Scheinchen nach. Wird man des Laufens und Stehens überdrüssig, kann man bei Starbucks sanft ins Zuckerkoma hinübergleiten.
Konsequent wäre eine angrenzende Müllverbrennungsanlage, in der man seine getragenen, ungetragenen oder überhaupt gleich alle Kleidung entsorgen kann um dann gleich wieder neue Sachen zu kaufen.

Nichts ist hier besser, günstiger oder sonst wie anders als anderswo. Es ist eben nur das Zentrum der Einfältigkeit, in dem sich Kevin und Chantale beim Marken shoppen wie Trendsetter und Gewinner fühlen können, während sie unablässig auf ihren Smartphones rumwischen und ihren Freunden mitteilen was sie hier für Schnäppchen gemacht haben.

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Höhlen der Schwalben an der Steilküste

Poel ist noch immer ein verträumtes  Eiland, geizt es doch mit landschaftlichen Highlights. Mondäne Villen und Strandpromenaden  sucht man hier vergebens. Die Ursprünglichkeit ist der eigentliche Schatz der Insel. Es sind die Strände von Gollwitz, Timmendorf, Hinter Wangern und der am Schwarzen Busch, die auch im  Sommer nicht so überlaufen sind wie alle anderen Ostseestrände. Die fast 40 Quadratkilometer große Insel ist von breiten Schilfgürteln, Salzwiesen und steinigen Stränden geprägt. Weit sichtbar ist der Timmendorfer Leuchtturm aus dem Jahre 1871 und die romanisch-gotische Inselkirche aus dem 13. Jahrhundert in Neukirch. Ein Geheimtipp sind im Frühsommer die Poeler Krabben, die man auch nicht auf allen Speisekarten findet

Den ganzen Tag auf dem Smartphone rumwischen um zu erfahren wie das Wetter wird, Das Wolkenradar checken um planen zu können wann man was unternehmen könnte. Das nervt und ist einer der Gründe, warum wir nie wirkliche Deutschland-Urlauber werden. In Schleswig Holstein wird das mit dem Wetter nicht besser. Da kann man das Smartphone für diese Zwecke gleich ganz vergessen, denn es gibt ohnehin nur sieben zusammenhängende Sonnentage pro Jahr. Die aber auch nur alle fünf Jahre. Also am besten gleich ein Hotel mit Spa und Schwimmhalle buchen!

Nordsee SPO Ording Strand Beach sunset sunrise

Rauhe Schönheit

Sankt Peter Ording – Hier ist weniger Kia und mehr Porsche, weniger Sekt und mehr Moét, weniger Wolfskin und mehr Mammut. Wer in Sant Peter Ording aus einem der mondänen und hippen Hotels auscheckt, bucht nicht selten den Urlaub fürs nächste Jahr. Zimmer sind knapp und die exorbitanten Preise sorgen dafür, dass der elitäre Kreis nach Möglichkeit unter sich bleibt. Auf der Promenade „Im Bad“ stehen die Stühle und Strandkörbe zu Straße und Gehweg gewandt und wann immer es das Wetter zulässt, versammeln sich die Besucher dort und schauen wer da so und wie bekleidet vorbeiläuft. Getratsche vertreibt die Langeweile des Müßiggangs und wenn man sich als Paar nicht mehr viel zu sagen hat, dann doch lieber über andere reden.

SPO – die größte Sandkiste Deutschlands. Breite Strände, die Pfahlbauten am Strand, der Blick zum Leuchtturm aus der Jever Werbung und die Weite. Noch nie habe ich so eine Weite in Europa gesehen. Das ist beeindruckend und alles auch ganz nett, wäre da nicht das Schietwetter. Ganze drei Stunden mit wenigen Sonnenstrahlen und ohne Regen bleiben uns bevor es bis zum Morgen stürmt und regnet.

Auch am nächsten Morgen möchte ich lieber im Bett bleiben. Es regnet waagerecht und der Wind jault um die Häuserecken. Doch es hilft nichts, ich werde nach dem Frühstück aus dem Hotel getrieben und wir machen die Dinge die man hier so machen muss. Stadtbummel, Strandspaziergang, Mittag in der Strandbar 54, Leuchtturm Westernheve nur eben mit der Einschränkung dass die Sonne sich nur für Minuten zeigt. Wir können uns gut vorstellen, dass bei echtem Sommerwetter, an dem endlos scheinenden Strand, ein wirklich cooles Beachfeeling aufkommt. Die „Bar 54“, das „Dii:ke“, die „Arche Noah“, Strandparken und zwischen den Pfahlbauten spazieren gehen und den Strandseglern und Kitsurfern zusehen. Alles Dinge die man mal gemacht haben sollte, jedoch nur wenn der Wind einem nicht die nassgeregneten Haare vom Kopf reisst.

Wer mehr Angst vor Anschlägen, als vor einem verregneten Urlaub hat, kann gerne im Heimatland reisen. Doch eine Reise ohne Flugtickets, ohne fremde Klänge, fremde Gerüche, ohne die magischen Momente an exotischen Plätzen ist eben doch bestenfalls nur ein Urlaub und keine Reise. Einmal ist kein Mal aber einmal ist auch einmalig. Einmal ist auf jeden Fall genug. Wir entdecken lieber die Welt.

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