PRIDE OF ERITREA
Eritrea? Die Blicke des Gesprächspartners verraten eine Mischung aus Unverständnis und Sprachlosigkeit. Ist das da bei……………………………na, da wo die alle hungern? In der Tat ist das Wissen in unseren Breiten über dieses Land ist eher begrenzt. Jene die dann doch etwas über dieses Land wissen, können meist nur mit Negativfakten aufwarten.
Das hat einen einfachen Grund. Wenn Eritrea in der europäischen Presse auftaucht dann mehrheitlich mit Statistiken, die belegen sollen, dass dieses Land nicht unseren demokratischen und sozialen Maßstäben entspricht. So zählten die Reporter ohne Grenzen (ROG) in der „Rangliste der Pressefreiheit 2010“, Eritrea zu der Gruppe der zehn repressivsten Länder der Erde.
Eritrea gehört mit einem Pro-Kopf Einkommen von circa 300 US-Dollar pro Kopf (2008, African Development Bank) zu den ärmsten Ländern der Welt. Ebenfalls wird von der WHO festgestellt, dass Eritrea mit einer Unterernährungsquote von 66 % zu den 29 Ländern der Erde gehört, in dem die Ernährungssituation insgesamt als extrem beunruhigend eingestuft wird. Nur selten findet man positive Nachrichten, dabei hat Eritrea doch einige, für Afrika beispiellose Geschichten zu erzählen.
Neben der für Afrika einzigartigen Architektur von Asmara, ist es auch der Wiederaufbau der Staatsbahn von Eritrea, der ohne internationale Hilfe bewerkstelligt wurde.
Nach einem fast dreißigjährigen Unabhängigkeitskrieg mit Äthiopien, begann 1994 der Wiederaufbau der 118 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Massawa und Asmara. Diese spektakuläre Gebirgsbahn beginnt ihre Fahrt in Massawa aus der Höhe von einem Meter über dem Meeresspiegel und schlängelt sich auf abenteuerlicher Trasse bis auf 2.350 Meter, und erreicht die Hauptstadt Asmara. Doch schon vor Ende des Krieges hatten Lastwagen den gesamten Güterverkehr im Land übernommen. Der Wiederaufbau folgte somit weniger ökonomischen Zielen, sondern war für den Staat ein Projekt mit hohem Symbolwert. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurden Hilfsangebote aus dem Ausland abgelehnt. Tunnels die als Bunker dienten wurden beräumt, gesprengte und beschädigte Brücken wieder neu errichtet, Gleise und Schwellen, die als Geschützstände herhalten mussten wurden gesammelt und wieder verwendet. Auch die Dampflokomotiven aus den dreißiger Jahren wurden mit primitivsten Mitteln wieder fahrbereit gemacht. Zwischen 1998 und 2000 wurden die Arbeiten durch einen erneuten Grenzkonflikt mit Äthiopien und die damit verbundene Einberufung von Männern zurückgeworfen.
Trotz aller Widrigkeiten – im Jahr 2000 fuhr der erste Zug. Seit dem pilgern immer wieder Eisenbahnfreunde in dieses Land um dieses lebendige Museum, mit Technik aus den dreißiger Jahren zu bestaunen. Seit 2009 gibt es sogar einen regelmäßigen Ausflugszug für die Touristen. Doch mit den rund 16.000 ausländischen Besuchern, von denen sich bestenfalls zwanzig Prozent auf die Bahn verirren, kann die Eisenbahn keine Gewinne erwirtschaften.
Im November 2009 besuchte eine Delegation der Eritrean Railway (ER) Italien, um Reparaturwerkstätten, sowie Gleis- und Schwellenhersteller um sich dort zeitgemäßes Know How anzueignen. Auf dieser Reise wurde ebenfalls erwogen italienische Fahrzeuge zu erwerben. Eine, vom Reiseveranstalter FarRail Tours gesponserte Wissensreise, führte eine Delegation der ER im September 2010 zur Innotrans in Berlin, der weltgrößten Bahnmesse sowie zur Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB). Dort besuchte man ebenfalls die Werkstatt und lernte, wie ein effizienter und effektiver Betriebsablauf organisiert wird. Um dem devisenschwachen Eritrea einen Start in das neue Bahnzeitalter zu erleichtern, spendet die Dänische Staatsbahn, die Ausrüstung des kürzlich geschlossenen Ausbesserungswerkes in Arhus nach Eritrea. Die Reederei MAERSK spendet zwei Container und übernimmt den Transport. Angestoßen wurde das ganze Projekt von René Strandbygaard, dem CEO der Copenhagen Film Company. Die Organisation in Eritrea und Deutschland übernahm das Berliner Reiseunternehmen FarRailTours. Farrail ermöglichte einer begrenzten Anzahl von Interessierten diese Spende auf dem Weg vom Hafen in die Hauptstadt zu begleiten. Diesem Angebot konnten wir nicht widerstehen und kombinierten diese Tour mit vorangestellten Zusatztagen in Keren und Asmara.
26.11.2010 Eine erste angenehme Überraschung war das entspannte Globe Ground Personal auf dem Flughafen Schönefeld. Wir mussten uns nicht entkleiden, eine Sprengstoffkontrolle gab es nicht und die Sicherheitskräfte hatten ein nettes Wort auf den Lippen und ein Lächeln im Gesicht. Mit einer Boing 737-800 der Agyptair, Flug MS 732, hoben wir dann nach Kairo ab. Dort hatten wir drei Stunden Aufenthalt bevor es mit dem Agyptair Flug MS 833 in einem A 320-200 weiter nach Asmara ging. Eine halbe Stunde vor der geplanten Ankunftszeit setzt die Maschine auf dem internationalen Flughafen von Asmara auf.
Um halb Vier liegen wir in den schmuddeligen Betten des Savanna International Hotels.
27.11.2010 Gibt es irgendwo auf der Welt noch eine Hauptstadt, in der um vier Uhr am Morgen die Hähne krähen? Das ist der Gedanke, der mir nach nur vier Stunden Schlaf durch den Kopf geht. Das Krähen der Hähne war das letzte was ich gestern vor dem Einschlafen hörte. Wir stehen auf und machen uns bereit für einen Tag Sightseeing in Asmara. Mit dem abgenutzten Mobiliar im Restaurant fühlt man sich gefangen in einer Zeitblase der späten sechziger Jahre. Die Frühstückszerialien Toast, Ei in Variationen, Marmelade, Butter, Saft und Kaffee oder Tee werden sich auch auf dieser Reise täglich wiederholen. Zum Glück haben wir in Kairo ein kleines Glas steuerbefreites Nutella für nur drei Euro gekauft. Während unserer Stadtrundgänge in Asmara haben wir die einschlägigen Sehenswürdigkeiten besucht. Besonders beeindruckt hat uns dabei das Cinema ROMA. Dies ist nicht nur eine architekturhistorische Kulturstätte, sondern auch ein Beispiel für die liebevolle Lebendigkeit mit der die Einwohner Asmaras ihr historisches Erbe nutzen. Vor dem Kino und im Foyer, in dem sich ein Café befindet herrscht immer lebendiges Treiben. In dem Café mit dem Originalmobiliar aus den 1940 er Jahren hat man Mühe einen Platz zu finden. Gleiches gilt für die Cafés auf der Flaniermeile Asmaras, der Harnet Road. Dort, wo man Latte Macchiato trinken und sich mit leckeren Backwaren mästen kann, ist besonders auf der Sonnenseite der Strasse immer schwer ein Platz zu bekommen. Über Mittag war für uns das „Spaghetti House“ (Av. 175-15) immer die erste Wahl, da man dort die besten Pastagerichte der Stadt bekommt und im Innenhof des Restaurants wunderbar in der Sonne chillen kann. Bei Nachttemperaturen von 8° Celsius und Tageshöchsttemperaturen von 17° Celsius nutzt man dann auch jeden wärmenden Sonnenstrahl. Am Abend essen wir im „Blue Bird“. Das im Reiseführer hoch gelobte Restaurant wirkt innen wie ein großes Schnellrestaurant. Zu einem der einheimischen Gerichte sind wir noch nicht bereit, was durchaus ein Fehler war, denn wie eine Pizza schmecken sollte, weis man hier eher nicht.
28.11.2010 Vor der Gründung von Asmara, sahen sich die Bewohner der Dörfer auf dem Gebiet des heutigen Asmara, ständig von Überfällen, Morden, Vieh- und Kinderdiebstählen, von Eindringlingen die über das rote Meer kamen, bedroht. Die Frauen von vier der Dörfern fanden sich zusammen um zu beratschlagen, wie sie ihre Männer dazu bewegen könnten, zum Schutz gegen Eindringlinge in einem gemeinsamen Dorf zusammen zu wohnen. Sie beschlossen ihren Männern kein Abendessen mehr zu kochen. Wenn die Männer sie schlugen, schrieen sie laut und die anderen Frauen kamen hinzu um ebenfalls zu schreien. Sollten sich die Männer dem Willen dann immer noch nicht beugen, wollten sie dann auch kein Mittagessen mehr kochen.
Ende Dezember des Jahres 1509 waren die Männer hungrig und bereit eine Konferenz abzuhalten um die Forderungen ihrer Frauen zu diskutieren. Auch die Frauen bekamen die Möglichkeit ihre Forderungen zu erklären. Die Konferenz dauerte einen ganzen Tag und zu deren Ende schlossen sich alle Männer den Forderungen der Frauen an, ein gemeinsames Dorf zu gründen. Als Anerkennung an das Durchsetzungsvermögen der Frauen wurde das neue Dorf „Arab´tä“ (sie haben vier Dörfer vereint), genannt.
In der älteren Geschichte unterstand das eritreische Hochland äthiopischen Kaisern, bis im Jahr 1889 Eritrea eine italienische Kolonie wurde. In Massawa fanden italienische Architekten der BAUHAUS Schule, Visionäre des Futurismus und Anhänger des Neoklassizismus und des Art Deco Stils ein grenzenloses Spielfeld. Von diesem kulturellen Erbe lebt Asmara bis heute. Das Ende der architektonischen Entwicklung war die Besetzung durch englische Truppen 1941. Nach der britischen Verwaltung kam Eritrea 1952 kurzeitig unter die Verwaltung der UN die es unter die Verwaltung des Kaiserreiches Äthiopien stellte. Bis 1962 wurde von Athiopien die Eigenständigkeit Eritreas immer mehr ausgehöhlt, bis im November 1962 Eritrea durch Äthiopien ganz annektiert wurde. Es folgte ein 29 jähriger Unabhängigkeitskrieg, in der Asmara jedoch kaum in Mitleidenschaft gezogen wurde. Am 24. Mai 1991 nahm die Eritreische Volksbefreiungsfront die Stadt Asmara ein und beendete dort den Unabhängigkeitskrieg. Asmara war nun eine Stadt mit einer Bausubstanz, die seit 1941 unverändert erhalten geblieben war. Die für Afrika einzigartige Stadt, strebt die Aufnahme in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes an.
Sehr hilfreich war für uns der Stadtplan „Asmara City Map – Historic Perimeter“. Wenn man ihn in der ersten Buchhandlung bekommt hat man viel Glück. Es lohnt sich aber danach zu suchen. High Noon starteten wir mit einer Sondergenehmigung nach Keren. Auf dem Weg dorthin fährt man fast ausschliesslich durch das Gebirge. Trotzdem der Unabhängigkeitskrieg schon seit 1992 beendet ist, sieht man entlang der Straße noch drei Panzerwracks und mehrere zerschossne Militär LKW. Bemerkenswert ist auch etwa zwanzig Kilometer vor Keren die Villa Rosa. Dieses einstmals stolze Farmhaus diente als Stützpunkt Aufständischer und zeigt noch deutliche Kampfspuren. Niemand kümmert sich heute um die Wiederherstellung des Farmhauses. Nach unserer Ankunft in Keren sehen wir uns den alten Bahnhof an, der heute ein Busbahnhof ist. Den Rest des Tages verbringen wir im „Sarina Hotel“, da dieses etwas ungünstig am äussersten Stadtrand liegt.
29.11.2010 Wenn sie in Eritrea eine Mahlzeit einnehmen wollen, machen sie in der Folge keine Termine. Auch das schmale Frühstück kann durchaus eine Stunde beanspruchen. Um 8:15 Uhr fahren wir endlich zum Camel Market auf dem Dromedare, Kühe, Stiere und Ziegen gehandelt werden. Dieser Markt gehört zusammen mit dem Wood Market mit Sicherheit zu den Highlights in Eritrea. Einfach mitten drin im staubigen Sand stehen und den mit Kaftan bekleideten Männern, die sich mit locker gebundenen Turban vor der Sonne schützen, zuzuschauen, wie die Tiere auf Zähne und Huf geprüft werden, wie gefeilscht und gehandelt wird, in Kot stehen oder von einem Dromedar angepinkelt werden, das ist ein einzigartiges Erlebnis. Die Esel werden geritten, Die Kühe müssen auf einem Testgelände einen Pflug ziehen und die Dromedare müssen zeigen wie sie sich niederlegen und wieder aufstehen. Dann werden dicke Geldbündel gezückt und mit Witzeleien und einem Handschlag wird das Geschäft besiegelt. Ähnlich bunt aber nicht ganz so turbulent geht es auf dem Woodmarket zu, auf dem viele Dromedare beladen mit Holz zum Kochen auf die Dinge warten die da kommen. Einen solch hohen Preis hat Feuerholz in Eritrea, dass es dafür auch einen Markt gibt.
Zu Mittag probieren wir die einheimische Küche im „Senhit Hotel“. Verschiedene Fleischsorten und Innereien werden in einem Fladen, gebacken aus den saisonal zur Verfügung stehenden Mehlsorten serviert. Ebenfalls saisonal abhängig wird Salat, Tomaten, Zwiebeln und Chilli als Beilage gereicht. Die Portionen sind immer für mindesten zwei Personen, die aus einem Teller essen. Dazu gibt es die leckeren und meist warmen Panecitos (Brötchen) in italienischer Tradition. Mit gut gefülltem Magen fahren wir über die Berge zurück nach Asmara. Dieses Mal hat es der Fahrer eilig und wir benötigen nur knapp zwei Stunden.
Ab heute wohnen wir im vornehmen Hotel „Albergo Italia“. Dieses Gebäude wurde 1899 erbaut und zwischen 1999 und 2004 restauriert. Es gehört zweifellos ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten Asmaras. Ob die 170 Dollar pro Nacht gerechtfertigt sind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Am Abend essen wir in der Pizzeria „Spaghetti & Pizza House“, Harnet Road/Ecke 175-15. Das Logo des Restaurants gleicht dem der Kette Pizza Hut, doch aus dem Steinofen, der das Restaurant gleichzeitig angenehm aufwärmt, kommt keine standardisierte Stangenware, sondern die beste Pizza der Stadt!
30.11.2010 Heute schlafen wir aus. „Erst“ um sieben Uhr dreissig gehen wir zum Frühstück, welches aber auch im noblen Hotel „Albergo Italia“ so wie überall ist. „Schnee-Chaos auf Straßen und Flughäfen“ titelten die Medien in den letzten Novembertagen in Deutschland und so gestaltete sich der Start der Reise für einige Teilnehmer und die Filmcrew schwierig. Auf europäischen Flughäfen wurden hunderte Flüge gestrichen und weitere verspäteten sich erheblich. In der Folge reisten das dänische Filmteam und die Delegation von MAERSK erst am späten Abend des 02.12.2010 an. Der gesamte Tourablauf musste geändert werden und die Lieferung der Spenden konnte erst am 03.12.2010 beginnen. So ist uns ein weiterer entspannter Vormittag in Asmra vergönnt, den wir hauptsächlich mit Tee Schlürfen und Kuchen essen auf der Harnet Road verbringen. Wir bringen noch einen Stapel Postkarten zum Eritrean Postal Service. Postkarten schreiben ist so eine analoge Tradition, die sich Caroline nicht nehmen lässt. Aus jedem Land versendet sie mindestens zwanzig Karten, von den auch ich einige schreiben muss. Die Post mit ihrem kunstvoll gearbeiteten Tisch in der Mitte und den altertümlichen Schliessfächern ist jedoch auch für jene Touristen einen Besuch wert, die eher eine Email als eine Karte schreiben.
Zur Mittagszeit sitzen wir wieder im Garten des „Spaghetti Houses“, lauschen den Instruktionen des Reiseleiters, und treffen dort auf den ersten Teil der Gruppe, mit denen wir nach dem Essen dann eine Stadtrundfahrt machen. Viel Zeit bleibt dafür jedoch nicht, da um 14:00 Uhr auf dem Bahnhof die Littorinella auf uns warten soll. Am Bahnhof angekommen, werkelt man in Schuppen noch an dem Gefährt rum. Nach dem eine Batterie eingebaut und der Tank gefüllt ist, braucht es noch fünf Versuche bis der Motor läuft. Mit tropfendem Kühler wagt sich der winzige Triebwagen auf die Strecke und wir versuchen unterwegs ein Paar Bilder zu machen. Lange müssen wir an einem der Fotostandpunkte warten, denn der Triebwagen ist unterwegs wieder liegen geblieben. Mit knapper Not gelangen noch zwei Motive bevor der gleisgebundene Winzling in Shegereni abgestellt werden muss.
01.12.2010 Nach dem „aristokratischen“ Frühstück im Hotel „Albero Italia“ fährt unsere Gruppe zu Ausbesserungswerk der ER in Asmara. Vielleicht letztmalig besteht hier die Möglichkeit, die Werkhalen mit den originalen Maschinen der Erstausstattung aus Italien und Deutschland aus den Jahren 1938/39 zu besichtigen. Wie wir erfahren verdient jeder bei der Bahn fest angestellte Arbeiter 500 Nakfa im Monat, was derzeit 25 Euro entspricht. Einer unserer Begleiter glaubt gar zu wissen, dass hier nur gearbeitet wird, weil wir heute das Werk besichtigen und in der Tat gibt es Indizien dafür. Interessant ist dieser Besuch ausser für die weibliche Begleitung in jedem Fall. Nach dem Mittag im Garten des „Spaghetti Houses“ fahren wir wieder zurück zum Bahnhof. Dort wartet ein Güterzug im Stil der vierziger Jahre mit der Lok 440. Mit diesem Zug spielen wir bis zum Sonnenuntergang zwischen Shegereni und Asmara.
02.12.2010 Heute Morgen setzt sich der Zug der die Spendencontainer in Massawa abholen soll in Asmara in Bewegung. Die Lokomotiven 442 054 und 442 055 befördern zwei Flachwagen für die Container, zwei Personenwagen sowie einen gedeckten Güterwagen Vv1 von Asmara nach Massawa zum Hafen. Mit einer Geschwindigkeit von selten mehr als 15 Kilometern in der Stunde schlängelt sich der Zug zunächst bis Ghinda hinunter. An einem Bahnhofsgebäude (ich glaube es war die Ausweichstelle zwischen Nefasit und Embatkalla) wurden Reparaturarbeiten durchgeführt und eines der Nebengebäude in Abaroba war neu verputzt und gestrichen. Wie heruntergekommene Schrottplätze wirken dagegen die Stationen Ghinda und Asmara. Besonders in Asmara, wo sich die schmalen Touristenpfade treffen, könnte man mit etwas Wagen umrangieren, Schrott sammeln und einigen optischen Verbesserungen an den Anlagen viel erreichen. Ein kleines Restaurant oder ein Shop für durstige Touristen könnte den Bahnhof Asmara zu einem ähnlichen Anziehungspunkt machen wie die Art Deco Gebäude der Stadt. Unklar bleibt, warum der Flachwagen, den wir in Ghinda mitnehmen sollen, zunächst nicht einmal rollfähig war. Dieses rostige Stück Eisen auf vier Achsen konnte nur mit Glück und gezielten Hammerschlägen in den Zug eingestellt werden und die Reise zum Hafen antreten. Etwas mehr Enthusiasmus hätten wohl alle von den Eisenbahnern der ER erwartet, die ein solch großes Geschenk bekommen. Unser Zug fährt weiter bis Mai Atal. Dort muss die kalte 442 055 vom Zug getrennt und allein mit der 442 055 die Steigung hinter Mai Atal hinaufgeschleppt werden, da der gesamte Zug mit nur einer unter Dampf stehenden Lok zu schwer wäre.. Dies kostet und einen weitere halbe Stunde, so dass wir Massawa erst lange nach Einbruch der Dunkelheit mit dem Bus erreichen. Das berühmt berüchtigte „Hotel Red Sea“ ist unser Quartier für die nächsten beiden Nächte. Heruntergekommen ist ein unzureichendes Adjektiv. In den Zimmern schimmeln die Deckenverkleidungen, die Technik ist defekt, die Möbel waren schon vor zehn Jahren abgewohnt. Die Außenanlagen haben sich seit 2006 eher verschlechtert, der Strand ist dreckig und unbenutzbar und der Pool seit ebenfalls mindestens zehn Jahren schon ohne Wasser. Doch egal was über das „Red Sea“ sonst noch gesagt wird, da das Dalak Hotel noch immer nicht eröffnet ist, bleibt es vorerst die beste Adresse in der Stadt!
03.12.2010 Heute am Vormittag besichtigen wir die zerstörte Altstadt von Massawa. Der Antagonismus zu dem italienisch beeinflussten Asmara kann kaum größer sein. Beeinflusst von einer osmanisch ägyptischen Vergangenheit, erinnert Massawa an eine arabische Hafenstadt. Wie zerstört die Stadt, lange nach Ende des Krieges noch immer ist, überrascht sicher nicht nur uns. Dies hat jedoch einen Grund. Die Regierung plant seit einiger Zeit die Umsiedlung der Bevölkerung von Massawa Island zur dem Festland näher gelegenen Insel Twalet umzusiedeln. In einer „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ liess man schon mehrere Wohnviertel durch sudanesische Flüchtlinge errichten. Doch die meisten der umgesiedelten Bewohner, waren in ihrem alten Umfeld derart verwurzelt, dass sie immer wieder zurückkamen. Nun wohnen sie illegal aber geduldet in den Ruinen der Altstadt. Apokalyptische Eindrücke und Elend an jeder Strassenecke neu definiert. Bilder die in der ersten Welt sicher kaum jemand sehen will. Ebenfalls antagonistisch zur Kriegskulisse in der Sonne ist wohl, dass während in Deutschland der Kampf gegen die Schneemassen tobt, wir gegenüber des Hafens im Café „Ololgeria Moderna“ im Schatten chillen. Wir trinken einen Tee nach dem anderen und einige von uns holen mit Ei und Brötchen etwas Frühstück nach. Eines der Kinder aus der Altstadt ist uns bis hierher gefolgt. Da wir Lebensmittel im Überfluss haben geben wir natürlich Banane und Brötchen sowie Candys ab. Für mich ist auffällig, dass im Vergleich zu meinem Besuch in 2006 das demütige und unablässige Bitten extrem zugenommen hat. Die Interpretation dessen steht mir nicht zu. Es steht aber wohl auch damit im Zusammenhang, dass 60% der Menschen in Massawa arbeitslos sind. Massawa ist zwar die wichtigste Hafenstadt Eritreas, verfügt über einen gut ausgebauten Tiefseehafen von dem aus auch der Großteil des Fischfangs betrieben wird. Der Regierung ist es jedoch trotz des Status einer Freihandelszone und der 2007 verkündeten Verordnung zum Schutz ausländischer Großinvestitionen nicht gelungen durch ausländische Investitionen Massawa nachhaltig zu entwickeln. Vor dem Mittagsbuffet fahren wir zur Iljuschin 12, in der Nähe einer dieser neu errichteten aber leer stehenden Wohnviertel gegenüber des Busbahnhofs. Dieses Flugzeug war ein Geschenk der UdSSR an den äthiopischen Führer Mengistu Haile Mariam. Die Maschine landete während des Bürgerkrieges in Massawa und wurde von Unabhängigkeitskämpfern beschossen. In der Folge konnten die Piloten nicht mehr starten. So blieb die Maschine dort stehen und wurde in den vergangenen Jahren zu einem Restaurant umgebaut. Leider ist die gesamte Anlage lieblos gestaltet, etwas heruntergekommen und die Geschäfte laufen schlecht.
Das Mittagsbuffet ist das beste Essen, dass wir hier bisher bekommen haben und so schlagen wir uns mal so richtig die Bäuche voll. Entspannt und gesättigt wohnen wir am Nachmittag der werbewirksamen Entladung der Container mit den gespendeten Maschinen der Dänische Staatsbahn bei. Wir verfolgen den Zug auf dem Weg nach Mai Atal bis zum Viadukt von Mancullo, der den 10 Nakfa Geldschein ziert
04.12.2010 Um fünf Uhr raus aus dem Bett. Nach dem kargen Frühstück fahren wir mit dem Bus nach Mai Atal. Mit uns zusammen treffen Statisten eines Films, der vom ERiTV produziert wird am Bahnhof ein. So haben wir unverhofft noch die Chance historisch gekleidete Einheimische und Soldaten der italienischen Hilfstruppen zu sehen und zu fotografieren. Der ganzen Vormittag bummeln wir für die Filmaufnahmen unseres Filmteams unterhalb von Mai Atal herum. In Mai Atal machen wir dann wieder zwei Stunden Mittagspause, bevor wir im warmen Nachmittagslicht weiterfahren bis Damas. Damas liegt mitten in der Trockensavanne und acht Kilometer entfern von der nächsten Strasse. Von hier schaukeln wir eine Stunde bis zur Strasse an der unser Bus wartet. Mit einer kurzen Getränkepause in Ghinda fahren wir im Dunkeln die Serpentinenstrasse durch die Wolken zurück nach Asmara.
Ein letztes Abendessen im Hotel bevor wir um 1:30 Uhr das Hotel verlassen um zum Flughafen zu fahren. Die bürokratischen Hürden halten sich in Grenzen. Wir müssen auflisten wie viel Geld wir ausgegeben haben. Wie viel wir getauscht haben müssen wir mit Quittungen belegen. Kontrollen oder gar eine Vergleichszählung unseres Geldes das wir dabei haben wird glücklicherweise nicht durchgeführt. Um 3:50 Uhr startet die Boing 737-800 mit Flug MS 834 nach Kairo, wo wir wieder fast viereinhalb Stunden Aufenthalt haben, bevor wir nach Berlin Schönefeld weiter fliegen können. Am Fenster sitzt eine Afrikanerin und starrt fassungslos hinaus. Die Landschaft unten zeigt sich schneebedeckt. Vielleicht sieht sie das zum ersten Mal. Für mich heißt es in wenigen Stunden Schneeschieben!
Um fünf Uhr raus aus dem Bett. Nach dem kargen Frühstück fahren wir mit dem Bus nach Mai Atal. Mit uns zusammen treffen Statisten eines Films, der vom ERiTV produziert wird am Bahnhof ein. So haben wir unverhofft noch die Chance historisch gekleidete Einheimische und Soldaten der italienischen Hilfstruppen zu sehen und zu fotografieren. Der ganzen Vormittag bummeln wir für die Filmaufnahmen unseres Filmteams unterhalb von Mai Atal herum. In Mai Atal machen wir dann wieder zwei Stunden Mittagspause, bevor wir im warmen Nachmittagslicht weiterfahren bis Damas. Damas liegt mitten in der Trockensavanne und acht Kilometer entfern von der nächsten Strasse. Von hier schaukeln wir eine Stunde bis zur Strasse an der unser Bus wartet. Mit einer kurzen Getränkepause in Ghinda fahren wir im Dunkeln die Serpentinenstrasse durch die Wolken zurück nach Asmara.
Ein letztes Abendessen im Hotel bevor wir um 1:30 Uhr das Hotel verlassen um zum Flughafen zu fahren. Die bürokratischen Hürden halten sich in Grenzen. Wir müssen auflisten wie viel Geld wir ausgegeben haben. Wie viel wir getauscht haben müssen wir mit Quittungen belegen. Kontrollen oder gar eine Vergleichszählung unseres Geldes das wir dabei haben wird glücklicherweise nicht durchgeführt. Um 3:50 Uhr startet die Boing 737-800 mit Flug MS 834 nach Kairo, wo wir wieder fast viereinhalb Stunden Aufenthalt haben, bevor wir nach Berlin Schönefeld weiter fliegen können. Am Fenster sitzt eine Afrikanerin und starrt fassungslos hinaus. Die Landschaft unten zeigt sich schneebedeckt. Vielleicht sieht sie das zum ersten Mal. Für mich heißt es in wenigen Stunden Schneeschieben!
Die Reise war mit der Hoffnung verbunden, die Spende sowie das allseitige Interesse an der Ertrean Railway würden den Bahnangestellten Mut machen und helfen die Bahn für wirtschaftliche Transportaufgaben weiter zu entwickeln. Doch das was man vor Ort sieht und hört lässt Zweifel daran aufkommen.
Im Juni 2010 hatte der Chef der ER Amanuel Ghebrerelassie ein ganztägiges Gespräch mit Michael Hopley, dem CEO und Präsidenten des Sunridge Gold Projektes. Weitere Gespräche gab es mit dem Bergbauminister im September und Oktober. Der CEO Michael Hopley sicherte der ER 300.000 Tonnen Fracht p. A. zu. Für die Strecke zwischen Asmara und Keren, die jedoch erst wieder aufgebaut werden müsste, wurde die gleiche Menge zugesagt. Beides mit einem Vertrag über die nächsten 15 Jahre! Nach dem Ergebnis des Gespräches befragt sagte Amanuel Ghebrerelassie man hätte nichts weiter vereinbart und man warte auf Fördergelder der EU. Die EU dürfte jedoch derzeit weniger Sorgen mit der Infrastruktur in Eritrea haben, die dann auch noch von einem kanadischen Minenkonsortium genutzt wird.
Einzige Hoffnung ist derzeit, dass das eritreische Bergbauminesterium den Druck auf die ER erhöht um zu erreichen, dass man dort tätig wird.
Uns hat wieder fasziniert wie freundlich und offen man gegenüber Fremden ist, die oft mit Kameras bewaffnet in die Lebenssphäre der Einwohner eindringen. Wie tolerant verschiedenste Volks- und Religionsgruppen in einem Land voller Probleme zusammenleben. Es gibt überall viel zu entdecken. Auch in Eritrea.
Oktober 2015: Die Staatsbahn von Eritrea sieht sich nicht im Stande, Züge, gleich welcher Art, fahren zu lassen. Technisch wäre ein Zugverkehr zeitweise durchführbar. Jedoch sind die amtlichen Hürden und die finanziellen Forderungen an Reiseveranstalter hoch. Aus den vorgenannten Gründen, dem desolaten Zustands des rollenden Materials und der Gleise resultiert auch eine geringe Motivation oder sogar Resignation des gesamten Bahnpersonals.
Quellen:
Auswärtiges Amt März 2010
Recherchen vor Ort
FarRailTours
WHO
mein Reistagebuch
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