TIBET – TOP OF THE WORLD

Tibet Yamdrok See

12. Januar 2020

TIBET TOP OF THE WORLD Mt. Everest Nepal China Lhasa Potala Dalai Lama TempleIntro – Tibet war bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts eine Region ohne feste Grenzen. Bei voller innerer Autonomie stand es unter Schutzherrschaft des Mongolischen Reiches. Mit dem Niedergang des Mongolischen Reiches, stellte China 1720 Tibet, wiederum bei voller innerer Autonomie, unter seine Schutzherrschaft.
Am 07.10.1950 marschieren chinesische Truppen in Tibet ein.
In der Folge wurden fast alle tibetischen Klöster zerstört oder zumindest schwer beschädigt. Die ab 1958 durch Mao eingeleiteten „demokratischen Reformen“ zerstörten aber auch Statuen, religiöse Kunstgegenstände, alte Handschriften, geschichtliche Überlieferungen und Malereien. Seit dem Einmarsch der chinesischen Truppen 1950 sind 1.200 000 Tibeter durch die Hand der Chinesen ums Leben gekommen. Das dürfte der Gesamtbevölkerung Tibets von 1950 entsprechen. Durch die massenhafte Ansiedlung von Han-Chinesen und die Einführung von Chinesisch neben Tibetisch als Amtssprache wurde Tibetisch in Tibet fast zu einer Fremdsprache. Der Tibeter Khenchen Jigme Phuntsok schreibt in einem seiner Bücher:“ Tatsächlich ist die tibetische Sprache im heutigen Tibet wertlos. Wenn beispielsweise ein Briefmit einer auf Tibetisch geschriebenen Adresse abgesand wird, dann wird er nicht einmal innerhalb Tibets seinen Bestimmungsort erreichen, geschweige denn ausserhalb. Und was das Reisen anbelangt, so wird eine Person,egal wie gut sie Tibetisch lesen kann, den Busfahrplan oder ihre Sitzplatznummer auf der Fahrkarte nicht entziffern können.Selbst wenn man nach einem Krankenhaus oder Laden in der Kreiszentrale oder einer Stadt suchen muss, nützt einem die Kenntnis des Tibetisch nichts. Wer nur Tibetisch kann wird es sogar schwierig finden, die täglichen Dinge einzukaufen. Wenn unsere Sprache in unserem eigenen Land nutzlos ist, wo wird sie dann noch etwas wert sein? wenn die Lage noch lange so bleibt, dann wird die tibetische Sprache eines Tages ausgelöscht sein.“
Das Zeigen der tibetischen Nationalflagge ist unter drakonische Strafen verboten. Tibeter die mit einer tibetischen Fahne erwischt werden, müssen mit Folter und mehreren Jahren Gefängnis rechnen. Derzeit zählt man über 1.600 politische Gefangene, die sich gegen die chinesische Vorherrschaft in Tibet in irgend einer Weise auflehnen. Die Dunkelziffer dürfte doppelt so hoch sein.
Es gibt keine Religionsfreiheit in Tibet. Die chinesische Regierung duldet lediglich Ritual-Praktiken, wie Niederwerfungen, Butterlampen und die Umschreitung von heiligen Bauwerken.
Um den internationalen Druck zu mindern, gewährt China seit 1987 minimale Unterstützung bei der Restaurierung von kulturhistorischen Bauwerken.
Seit jedoch China als potenter „Handelspartner“ von aller Welt hofiert wird, gibt es keinen internationalen Druck mehr.
Ziel China ist und bleibt es Tibet zu assimilieren. Tibeter werden zu Chinesen oder Menschen dritter Klasse. Die Tibetbahn soll bis Kathmandu verlängert werden. Die geschieht jedoch nicht, damit wir umweltfreundlicher und bequemer reisen können. Es ist ein Teil des Pekinger „Entwicklungsplanes für West – China“, sprich Tibet, der die Erschliessung der tibetischen Bodenschätze vorsieht und den Zuzug von Han – Chinesen beschleunigen soll. Daneben wird auch das Strassennetz massiv ausgebaut um den Tourismus zu fördern. Besuchten in 2005 noch 1 Millionen Menschen Tibet so waren es 2010 schon 6 Millionen Menschen, wovon etwa 90 % Chinesen waren. Statistisch bekommt also in 2011 jeder Tibeter von mindestens drei Touristen Besuch. Alle suchen intakte Natur, Spiritualität oder den thrill beim Besteigen eines Achtausenders.

Tibet im März 2011

14.03.2011 – Dritter Jahrestag der regionalen Unruhen. Seit März besteht ein Einreiseverbot für Ausländer. Damit will man verhindern, dass Zeugen zugegen sind, wenn China wieder mit Gewalt gegen mögliche Aufständische vorgeht. Nervös werden besonders Lhasa und die südchinesischen Nomadengebiete durch die chinesischen Staatsorgane überwacht. Mehr als sonst sind auch bewaffnete Polizisten im Einsatz.
In der Region Kardze wird ein Mönch nach einer Soloprotestaktion festgenommen. Er verteilte Flugblätter auf einem Marktplatz, rief Parolen, wie „free Tibet!“. Fünf Tage zuvor meldete er sich im Kloster ab und bereitete seine Freunde darauf vor, dass sie ihn wo möglich nie wieder sähen. Chinesische Einwohner, die diesen Vorfall nicht wahrgenommen hatten, sagten: „Die cinesische Polizei hat ihre Truppen dieses Jahr aufgestockt. Es gibt keine „Störfälle“. Ein Angestellter eines staatlichen Hotels im Nachbarbezirk Serthar berichtete: „Das Hotel war schon vor dem Jahrestag voller Beamter. Ja, es wurde komplett von der Regierung übernommen. Wir haben keine Zimmer. Es gibt eine Menge bewaffneter Polizei, sie durchkämmt alles. Rufen sie in ein paar Tagen wieder an.“
In Lhasa berichtete ein Bewohner der sich Zhang nannte: „Sie erhöhten die Anzahl der bewaffneten Patroullien erheblich. Klöster kann man nur besuchen wenn man einen Personalausweis bei sich hat. Die Tibeter haben ihn oft nicht bei sich und so ist es nur den chinesischen Touristen, die ihn immer bei sich tragen möglich die Klöster zu besuchen.“
Ein Angestellter eines Hotels in Lhasa sagte: „Wir sind angewiedsen worden keine ausländischen Gäste mehr aufzunehmen. Wir dürfen sie auch hier nicht reinlassen. Wir warten auf eine Anordnung im April, damit wir wieder Touristengruppen aufnehmen dürfen. Wir müssen auf die Anordnungen von oben warten, ehe wir Ausländer akzeptieren können“
Die chinesische Staatsausgaben für die innere Sicherheit übertrafen zum ersten Mal das Militärbudget. Sie stiegen dieses Jahr auf 624,4 Mrd. Yuan (93,5 Mrd. USD). Das Budget der Volksbefreiungsarmee beläuft sich hingegen auf 601,1 Mrd. Yuan (91,4 Mrd. USD). *

Fehlstart

Schon des öfteren hatten wir den Eindruck, dass Reisen immer schwieriger wird. Wenn man dann unfreiwillige Aufenthalte, wegen plötzlich gestrichener Flüge hat oder die Fluggesellschaft zwei Wochen vor Reisebeginn eine Verbindung ersatzlos streicht, dann ist es nicht mehr nur ein subjektives Gefühl. Um Risiken zu minimieren, haben wir in der Vergangenheit oft eine Argentur mit der Organisation beauftragt.
Das man damit Risiken minimiert ist natürlich Blödsinn. Es ist nur bequemer.
Der Entschluss nach Tibet zu reisen kam im Oktober 2010 eher spontan und das Reiseziel erfüllte mit den Gegebenheiten Asien, China hoch und kalt nicht gerade unsere Auswahlkriterien für ein erholsames Reiseziel. Nachdem wir gelesen hatten, dass chinesische Argenturen auch gerne mal den Reisepreis kassieren ohne in der Folge eine Tour stattfinden zu lassen, wählten wir einen Veranstalter mit dem Gerichtstand in Deutschland, auch wenn dieser einige hundert Euro teurer war.
Nach nur elf Emails und vier Telefonaten stand der Reiseplan und die Flüge waren gebucht. Am 09.03.2011 sollte es losgehen.
Am 24.01.2011 bekamen wir von der Argentur die folgende Nachricht: „Bedauerlicherweise und völlig überraschend wurde uns aus Tibet mitgeteilt, dass von der chinesischen Regierung für die Monate März und Mai 2011 eine Einreisesperre für alle ausländischen Touristen verhängt wurde. Wir haben auf mehreren Kanälen nach Tibet und China recherchiert leider ist aber kein Ausweg möglich. Unsere Buchungen nach Tibet im Februar und April sind nicht betroffen“.

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Blick vom chinesisch besetzten Tibet auf die Krone des Himalaya mit Lhotse und Mt. Everest in der Mitte.

Solches ist seit zwei Jahren nicht mehr vorgekommen und die Gründe sind bislang schleierhaft. Wir können nur vermuten, dass es mit den Jahrestagen der Flucht des Dalai Lama und der Unterzeichung des „17-Punkte- Abkommen zur friedlichen Befreiung Tibets“ (1951), der Besetzung durch Chinas Truppen, sowie der Unruhen vor der Olympiade 2008 zusammenhängt und Furcht vor erneuten Unruhen besteht.“
Fassungslosigkeit, denn es ging uns ja nicht zuletzt darum unseren Resturlaub, der bis Ende März genommen werden wollte, sinnvoll zu verheizen.
Die Stornierung der gesamten Reise sollte uns 500 Euro pro Person kosten. Doch Stornieren wollten wir ja nicht. Storniert hat ja die chinesische Imperialmacht! Aber auch für die Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt wollte die Argentur 245 Euro pro Person berechnen. Das allein war schon ein Ärgernis und juristisch zweifelhaft. Extrem nervig waren auch die fast täglichen Emails, die außer schlechter Nachrichten nichts enthielten. Diese Mails wollten aber genau gelesen sein, denn einmal waren die Anschlussflüge von und nach Berlin nicht enthalten, der Reisepreis hatte sich bei gleichen Programm erhöht und das man ab April nach Tibet einreisen kann, war immer noch nicht sicher.
Zeitweise tendierten wir zur Option einer Indienreise und schworen nie wieder in diesem Leben nach China zu reisen.
Licht am Ende des Tunnel kam dann am 03.02.2011 als ein erneuter Reiseplan für April feststand.

04.04.2011 – 05.04.2011 – Während es in Deutschland Frühling wird, finden wir uns am Flughafen Tegel ein und besteigen den A 321-100 mit der Flugnummer LH 195 nach Frankfurt und beginnen unsere Reise in das noch winterliche Tibet. Der Flug AI 0120 mit einer Boeing 777 – 200 LR der Air India ist unser Anschluss nach Dehli. Die Maschine ist nur zu einem Drittel ausgelastet und so können wir es uns auf leeren Sitzreihen zum schlafen bequem machen. In Dehli haben wir dreieinhalb Stunden Aufenthalt bis wir mit einem A 320 der Air India weiten nach Kathmandu fliegen.
Am Flughafen werden wir von Harry, einem fliessend deutsch sprechenden  Nepalesen, der im  MAYA Guesthose arbeitet,  abgeholt.
Die Hauptstadt Kathmandu, mit derzeit  916.000 Einwohnern, empfängt seine Besucher mit einer Luft, die gesättigt von Abgasen ist.
Abfall ist in jeder Dimension allgegenwärtig. Abertausende verbeulte und zerkratzte Autos, LKW, Busse, Fahrräder, Kräder, Rikschas und Taxis drängen sich einzig dem Linksverkehr unterordnend, unter ständigem Hupen, in fünf Spuren durch die zweispurigen Straßen.
Die untersten Etagen der Gebäude sind ausnahmslos mit  Geschäften belegt. Taschen, Kleidung , Schuhe, Elektroartikel , Getränke, Gemüseläden, Werkstätten. Wand an Wand reiht sich eine Existenz an die Nächste. Vor den Geschäften, an den Strassenrändern stehen vielerorts mobile Händler die von ihren Karren oder Fahrrädern selbstgebratene Snacks, Gemüse, Eis, aber auch Zigaretten oder Uhren verkaufen. Es klingt als rezitiere ich mich selbst bei der Einleitung zu unseren Asienreisen.
Das MAYA Guesthuose, zur Strassenfront geschützt durch einem Gebäude, mit einem gepflegten gründen Innenhof wirkt in diesem Chaos wie eine Oase.
Nachdem wir uns dort für die nächsten Tage eingerichtet haben, gehen wir zu Fuß zur nahen Boudhanath Stupa. Sie ist die größte Stupa Nepals und entsprechend touristisch erschlossen.
Rings um die Stupa finden sich viele kleine Andenkenläden, Cafés, Restaurants und kleine Hotels. Jedoch erlebt man hier intensiv wie kaum anderswo das buddhistische Leben. Hunderte Gläubige umrunden die Stupa zu jeder Tageszeit. Aus den beiden Tempeln klingen fremde Laute und Musik. Geschützt vom Lärm der Straße kann man hier zwischen Kommerz und Tradition schöne Stunden verbringen.

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Boudhanath Stupa in Kathmadu

06.04.2011 – Noch vor dem Frühstück, als die Straßen noch nicht so voll und die Boudhanath Stupa noch in weiches Morgenlicht getaucht ist, finden wir uns dort zu fotografieren ein.
Zum Frühstück gibt es im MAYA Guesthouse Kaffee oder Tee, Ei, Toast, Orangen, Marmelade, Butter, auf Wunsch auch Pancakes und einen Käse, den man fünf Meter wegstellen muss, um den ranzigen Geruch loszuwerden.
Nach dem Frühstück holt uns der Guide Parkas ab, der uns die nächsten Tage auf seine Weise in die Geheimnisse des Kathmandu Valley einführen wird. Zunächst fahren wir zum Tempel nach Budhanilakanta. Dort gibt es eine riesige Vishnu Figur, welche im Wasser liegt, zu bestaunen.
Danach geht die Fahrt zum Durbar Square nach Kathmandu. Wir werden mit tausenden geschichtlichen Daten bombardiert, die wir uns nicht bis zur nächsten Straßenecke merken können und beginnen uns zu wünschen, dass wir uns alles allein ansehen könnten. So durch die Stadt zu treiben, zu den Orten die man selbst wählt und sich dann ein paar Informationen darüber durch zu lesen, entspricht eher unserer Art. Doch wir werden weitergetrieben zur Swayambhu Stupa. Horden von Affen belagern den Wald und das Gelände der Stupa und so heisst sie heute im Volksmund Affentempel. Eine Treppe mit 365 Stufen gilt es zu erklimmen. Oben angelangt, schaut man in die Augen Buddhas, die wie auf einigen anderen nepalesischen Stupas auf die vier Seiten des Turmes gemalt sind. Ein Geländer mit 211 Gebetsmühlen umgibt die Kuppel, eine jede trägt das heilige Mantra „Gelobt sei das Kleinod inmitten der Lotosblüte“.
Durch die stickigen Straßen quälen wir uns mit dem Auto zurück zum MAYA Guesthouse um dort dann das beste Nachmittagslicht zu vertrödeln. Am Abend sitzen wir auf einer der Dachterrassen an der Boudhanath Stupa und lauschen zur blauen Stunde den Lauten, den Mantras und den Gesängen, die sich mit dem fernen Geräuschen der Straße mischen.

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Morgen an der Boudhanath Stupa in Kathmadu.

07.04.2011 – Am Vormittag haben wir uns von unserem Begleiter freigestellt, so dass wir in der zeitlichen Gestaltung freier sind. Würde man nur einen halben Tag Zeit haben und in Kathmandu nur eine Sehenswürdigkeit besuchen können, die Wahl sollte auf den Paschupatinath Tempel fallen. So machen wir uns kurz vor sieben Uhr mit einem Taxi auf zu eben diesem Tempel. Dieser Tempel liegt mitten in der Stadt am Ufer des heiligen und hoffnungslos vermüllten Bagmati Flusses. An dessen Ufern befinden sich Ghats für Feuerbestattungen. Im weichen Morgenlicht liegt eine mystische Stimmung über der Anlage als wir, zu dieser Tageszeit die einzigen Touristen, Zeugen einer Leichenverbrennung werden.
Später suchen wir uns auf dem Vorplatz des Tempels ein Taxi. Die Taxameter werden nie eingeschaltet und die Fahrpreise sind verhandelbar.
Egal welchen Preis die Fahrer für die Fahrstrecke nennen, wir zeigten immer eine Mischung aus Empörung und Belustigung. Wenn dies nicht gleich den gewünschten Erfolg brachte, drehten wir uns auf dem Absatz und machten Anstalten ein anderes Taxi zu nehmen. So erzielten wir immer annehmbare Fahrpreise.
Der achtzehnjährige Fahrer soll uns mit seinem Taxi zur Durbar Square bringen. Die Taxis sind ausschließlich Maruti 800, die eindeutig nicht für gross gewachsene Europäer gebaut sind. Während wir jedoch ein solches Taxi räumlich ausfüllen, haben wir auch eines gesehen in dem hinten fünf und vorne drei Personen saßen. Mit angezogenen Beinen, den Kopf unter dem Dach verkeilt, klammern wir uns an einen der Haltegriffe. Meine Beine drücke ich an die Tür, damit er schalten kann. Während der rasanten Fahrt brüllt ohrenbetäubender Asia Trance aus den übersteuerten Lausprechern. Die Taxifahrer Kathmandus können meist nur Nepali lesen und verstehen und so schmeisst er uns fälschlicher Weise am Durbar Marg, der Nobelmeile Kathmandus raus und wir müssen zum Durbar Square laufen. Auf dem Weg suchen wir das Haus, welches als erstes in Nepal verglaste Fenster hatte und den Akash Bhairab Tempel am Indra Chwok.
Um Zehn vor Zehn erreichen wir die Dachterasse des Himalaya Cafés am Bishal Basar.
Über die Mittagszeit, wenn die Sonne senkrecht vom Firmament brennt, kann man hier gut abchillen.
Um besseres Fotolicht zu haben und damit wir ab 15:00 Uhr nicht wieder Langeweile schieben, haben wir gestern den organisierten Unterhaltungsteil von zehn Uhr auf 14:30 Uhr verlegt.
Parkas fährt mit uns zu den Dörfern Kokana und Bunganati. Diese sind Teil des Programms „Jahr des Tourismus  – 2011“ in Nepal und man muss natürlich 20 RPS Eintritt zahlen. In diesen Dörfern leben die Bewohner vom Anbau von Raps zur Ölgewinnung, bauen Knoblauch, Kartoffeln und Weizen an. Im Zuge des Besuchsprogramms bessern sie ihr Einkommen auch durch den Verkauf von Kunstgewerbe auf. Doch trotz eines Tourismusprogramms ist auch hier der Müll allgegenwärtig. Angenehm ist aber die Ruhe in den Gassen, durch die nur selten mal ein Auto oder Motorrad fährt. Nach diesen Highlights quälen wir uns wieder durch den Stadtverkehr zum Durbar Square in Patan. Dieses Tempelgelände gehört zum Weltkulturerbe und ist mit Touristen derart überschwemmt, dass wir lieber das Weite suchen und den Rest des Tages an der Boudhanath Stupa verbringen.

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Leichenverbrennung im Hindu Tempel Paschupatinath.

08.04.2011 – Heute ist ein Tag den wir selbst gestalten können. Wir nutzen die frühe Stunde und die kühle Morgenluft um im  „Nagarjun Forrest Reserve“ zur Stupa zu wandern. Am Militärcheckpoint zahlen wir 250 PRS pro Person Eintritt. Das Schild „ 5 km“ übersehen wir. Auch das die Stupa auf 2096 Höhenmeter liegt ist uns zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Das ist auch gut so, den so gehen wir den Berg unbedarft an. Nach zwei Stunden und fünfunddreissig Minuten und gefühlten tausend Stufen, es sind sechshundertsehsundsechzig, stehen wir auf dem Tempelgelände. Hier oben machen wir eine Pause und geniessen die Ruhe hoch über dem Kathmandu Tal und das viele Grün. Eine Stunden und zwanzig Minuten später sind wir wieder unten an der Strasse und nehmen ein Taxi zurück zur Boudhanath Stupa, wo wir im „Stupa View Café“ Kraft tanken. Am Nachmittag fahren wir noch einmal zum Durbar Square und tun was Touristen tun. Cola trinken und fotografieren.

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Touriknipsmotiv am Durbar Square

09.04.2011 – Heute starten wir unsere eigentliche Reise nach Tibet. Um zehn nach Sieben werden wir zum Flughafen gefahren. Mit der Beschreibung der Kontrollorgien unterbeschäftigter und übermotivierter Flughafenangestellter und Polizisten will ich an dieser Stelle noch nicht langweilen und widme diesem Thema am Schluss ein eigenes Kapitel.
Der Start unserer Maschine verzögert sich um eine Stunde. Der Mount Everest sowie der gesamte Hochhimalaya liegt in Flugrichtung Lhasa auf der linken Seite ist aber ab zehn Uhr oft unter dichten Wolken. So sind auch an diesem Tag im April nur die Spitzen der Achtausender zu sehen die aus den Wolkenbergen ragen. Die tibetische Familie in unserer Sitzreihe fliegt an diesem Tag zum ersten Mal. Als wir fünfzehn Minuten nach dem Start den Mt. Everest passieren rutschen sie aufgeregt auf Ihren Sitzen hin und her, schieben mich vom Fenster weg und murmeln ehrfürchtig Qomolangma , Qomolangma.
Für die tibetischen Sherpa hat der Berg eine starke mytologische Bedeutung und ist Sitz einiger ihrer Götter. Über diesen Berg zu fliegen ist für sie sicher ein beeindruckenderes Erlebnis als für uns Ungläubige. Um halb Zwölf setzt der A 319 -200 der Air China auf dem Flughafen von Lhasa auf. Der Reisende wird von den verglasten und verspiegelten Betonbauten empfangen, welche Chinas Fortschritt dokumentieren sollen. Im Gebäude sind hunderte Kameras verteilt und als hätte es während des Fluges Zusteigemöglichkeiten gegeben werden die Pässe und die beiden Gruppenvisa kontrolliert. Ein Exemplar wird für die Einreise und eines für die Ausreise benötigt. Da der Haupttouristenstrom von Kathmandu nach Lhasa fliesst, ist dieser Weg auch am stärksten der chinesischen Kontrolle unterworfen. Für Individualreisende ist es fast unmöglich, sich in Tibet frei zu bewegen. Jeder muss sich einer Gruppe anschliessen.
So bilden wir beide eine Gruppe von zwei Personen, welche eine eigene Registriernummer hat. Der Reiseweg ist vorgegeben und spontan andere Gegenden anzusteuern ist wenn überhaupt nur auf anderen Routen möglich.
Über das gesamte Gebiet Tibets erstreckt sich ein dichtes Netz des PSD (police security bureau) und des Zhōnghuá Rénmín Gònghéguó Guójiā Ānquánbù (Ministerium der Volksrepublik China für Staatssicherheit). Polizei und Geheimdienst arbeiten meist in Zivil und mischen sich so unauffällig unter die chinesischen Siedler.
Wir holen unser Gepäck vom Band, welches danach noch einmal durchleuchtet wird. Nach weiteren Kontrollen, die oft in Sichtweite voneinander stattfinden fahren wir mit unserem Fahrer Bandir und unserem Guide Dobla  zum Hotel Kyichun, fünf Gehminuten vom Potalapalast entfernt.
Wir schnaufen in 3800 Meter Höhe noch eine Runde um den Jokhang Tempel und dann ist der Tag auch gelaufen.

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Pilgern und marschieren. Beten und einschüchtern.

10.04.2011 – Mit Mütze, dicker Jacke, Schal und Handschuhen finde ich mich vor dem Frühstück am  Jokhang Tempel ein. Während schon einige Hundert Pilger den Tempel mit ihren Gebetsmühlen umrunden, Rüstet sich Armee und Polizei für den Kampf um Ordnung und Sicherheit. Es gibt in Lhasa keinen öffentlichen Platz mehr an dem man unbeobachtet wäre. In jeder Strasse um die Tempel stehen Polizisten. Martialisch gekleidete Soldaten mit Maschinengewehren marschieren um die Tempel. Zusätzlich sind alle Winkel der Strassen und Tempel sowie des Potala Palastes durch Kameras erfasst.
Nach dem chinesischen Frühstück, werden wir von Bandir und Dobla zur Sighseeing Tour abgeholt. Natürlich geht es zuerst zum Potala Palast. Obwohl seiner eigentlichen Bestimmung beraubt, geht von den Räumen dieses Gebäudes hoch über Lhasa immer noch eine spirituelle Stimmung aus. Überall verbreitet sich der Geruch von Butterlampen und Räucherstäbchen. Schwaches Licht fällt auf tausende Devotionalien und Buddhastatuen in den verschiedensten Darstellungen. In schweren Regalen lagern die Skripte der Mönche aus mehreren Jahrhunderten.
Schliesst man die Augen und denkt sich das elektrische Licht und  die Besucher weg, kann man sich gut vorstellen wie es hier einmal zuging.
Dobla unser Guide erzählt uns die Geschichte des Buddhismus, des Palastes und der Dalei Lamas in allen Einzelheiten bis auf eine.
Als Caroline ihn fragt welcher denn der amtierende Dalei Lama sei, wird er still, schaut sich nach allen Seiten um um flüstert dann: “The fourteen Dalei Lama Tenzin Gyatso“.
In der Mittagspause schlafen wir etwas, trinken grünen Tee und tauschen unser Zimmer gegen eines mit Heizung. Am Nachmittag besuchen wir die Räume des Jokhang Tempel. Während Dobla, unser 25 jähriger Guide, seinen buddhistischen Glauben sehr intensiv praktiziert und im Erklären jedes geschichtlichen Details voll aufgeht, ist unser Bedarf an Tempeln, Palästen und Geschichte gesättigt. Wir wollen verschneite Berge, weite Hochebenen auf denen Yaks weiden, das Klischee des ursprünglichen Landlebens und einzigartige Motive von Klöstern und Mönchen. Gibt es dieses Tibet überhaupt noch?
Es ist lausig kalt geworden in Lhasa, der Himmel ist bewölkt und als wir am Abend bei einem Teller Nudelsuppe sitzen, fängt es draussen  an zu schneien.

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Pilger bei der Umrundung des Jokhang Tempel.

11.04.2011 – Um neun Uhr werden wir abgeholt und fahren zum Drepung Kloster. Wir geben uns Mühe Interesse zu zeigen. Als Dobla mir wieder erzählt welche bedeutungsvollen Schriften in den Regalen lagern, sage ich „ Das glaube ich nicht und gesehen hast Du es sicher auch noch nicht.“ Daraufhin spricht er einen der Mönche an und der holt wie selbstverständlich einer der Kisten aus dem Regal und öffnet sie vorsichtig. Dann greift er in die Kiste und holt die zweitausend Jahre alten Scripte von Buddah of Shakomyni heraus. Wir und unser Guide sehen zum ersten Mal diese Schriften. Kunstvolle goldene und silberne Kaligrafien zieren das schwarze kartonartige Papier. Geschichte zum Anfassen und ein seltener Moment, der in den Museen der Welt undenkbar wäre. Die mit gelber Seide eingeschlagene Kiste verschwindet wieder im Regal und wir in die Küche des Klosters.
Wohlige Wärme strahlt ein riesiger Herd aus auf dem gekocht und der Buttertee warmgehalten wird. Zwei Katzen schlafen zwischen überdimensionalen Töpfen auf dem Herd, alte Küchenutensilien stapeln sich an einer Wand bis unter die Decke. Von Balken hängen grosse Kellen herunter und in einer Ecke wachen fünf Mönche über die Geschäfte mit den Speisen und den Besuchern.
Zum Mittag beschränken wir uns in der Einkaufsmeile von Lhasa auf zwei Brownies im „Summit Café“.
Durch die Höhe fühlen wir uns ständig lustlos und so legen wir uns über Mittag wieder eine Stunde hin. Am Nachmittag besuchen wir das Kloster Sera. Dort kann man täglich ab etwa 15:00 Uhr die nachmittäglichen Debattierübungen der Mönche im Innenhof des Klosters miterleben. Mit diesem ebenso eindrucksvollen wie lautstarken Ritual fragen die Mönche sich gegenseitig das im Studium erworbene Wissen ab und diskutieren die Schriften Buddhas.
Dieses Stück gelebter Buddhismus ist heute eine der Touristenattraktionen. Nachdem es in diesem Kloster 2008 auch zu Kundgebungen für die Unabhängigkeit Tibets kam, und hunderte Mönche verhaftet wurden, wird diese Diskussion von Polizei und Sicherheitskräften in Zivil, die sich unter die Besucher mischen, überwacht. Beide Klöster, Drepung und Sera, gehören zum Gelukpa-Gelbmützen-Orden und waren früher in ganz Zentral- und Nordost-Asien berühmt als buddhistische Universitäten. Nachdem von 6.000 Klöstern, nach 1951 nur 13 von der chinesischen Armee und der Kulturrevolution nicht zerstört wurden, werden die Klöster von touristischer Bedeutung heute finanziell unterstützt.
Diese herausgeputzten Klöster sind für die Provinz- und die Zentralregierung ein Feigenblatt mit  dem über andauernde Menschenrechtsverletzungen und die Auslöschung der tibetischen Kultur hinweg getäuscht werden kann.

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Lebhafte Diskussionen im Kloster Sera.

12.04.2011 – Wir velassen Lhasa Richtung Hochhimlaya. Vergeblich habe ich versucht unseren Guide zu überreden früher abzufahren. Wir vertrödeln bei stahlenden Sonnenschein und stahlblauen Himmel zwei volle Stunden des besten Lichts. Nach dem wir nun endlich um neun Uhr losgefahren sind, ist unsere erstes Ziel eine Tankstelle. Zwischen sechszehn Uhr und früh um Neun ist die Zeit natürlich eindeutig zu knapp das Auto für die bevorstehende Tour zu betanken.
Auf dem Weg aus Lhasa raus, fallen die vielen Baustellen auf. Überall stehen oder entstehen neue Siedlungen der architektonischen Einfallslosigkeit, Fabriken, Tankstellen. Planlos durch die Landschaft gezogene Stromleitungen und überdimensionale Werbeplakate die vorgeben, was man unbedingt konsumieren müsse, verschandeln die Landschaft. Ausser ein paar Sehenswürdigkeiten ist vom ursprünglichen Tibet hier nichts mehr übrig.
Am Kamba La Pass auf 4640 Metern, als die Sonne unfotogen  hoch am Himmel steht, machen wir schlechte Bilder von den unvermeidlichen Motiven, wie den Yamdrok See, die jeder Touri aufgefordert ist zu knipsen. In Nakartse, einer der Städte die man besser nie gesehen hätte, machen wir Mittagspause und obwohl es Geschmackssache ist, sind wir uns sicher, dass es eine Packung Kekse auch getan hätte. Aber wenigstens kann so etwas Zeit vergehen, so dass wir den Gletscher des 7138 Meter hohen Nichin Kangsa nicht auch noch im Mittagslicht fotografieren müssen.
Kurz nach vierzehn Uhr treffen wir im Gyantse auf 3950 Metern ein. Damit ist das Programm nach nur fünf Stunden für unseren Fahrer Bandir und dem Guide Dobla gelaufen. Gyantse ist wirklich so brutal langweilig und abartig hässlich, dass man das Hotel nicht verlassen möchte.
Für die Festung Gyantse Dzong am Stadtrand braucht man ein gesondertes Permit und so schieben wir den Rest des Tages Langeweile.
Das hatten wir uns etwas anders vorgestellt!

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Am heiligen Yamdrok See

13.04.2011 – Das Chinesische Frühstück
Spätestens am vierten Tag mit chinesischem Buffet ist die Freude aufs Essen Ernüchterung und Ekel gewichen. Schon bei dem Geruch von Gebratenem und Frittiertem, der einem beim Betreten des Saales entgegenschlägt, möchte man kehrt machen. Doch ein zehn Meter langes Buffet macht Hoffnung und verspricht große Auswahl.
Doch geboten werden Reissuppe, Nudelsuppe, Fladenbrot, Sojamilch, Teigstangen, Salzgemüse und für die ausländischen Besucher Fritten, Würste, Toast, Marmelade, Honig und etwas Obst. Das Obst, ausser den Äpfeln, hat einen ekelhaften Beigeschmack der sich aber nicht bestimmen lässt und der Toast ist pappig. Eines der bemerkenswertesten Cerealien ist der Honig. Goldgelb und verlockend sieht er aus. Die Konsistenz ist jedoch die von geleeartigen Klebstoff. Geschmacklich kann diese glibberige Masse auch nicht verhehlen, dass sie das Produkt chemischer Prozesse ist und gar nichts mit dem zu tun hat, womit Bienen ihre Larven aufziehen. In dem eiskalten Saal wimmern irgendwelche chinesischen Volksweisen und die in schwere rote Mäntel gekleideten Servicemädchen, die am Buffet stehen, wärmen sich über dem Toaster unauffällig die Finger.
Der wässrige grüne Tee mit dem immer gleichen faden Geschmack kann auch nichts dazu beitragen die Systeme  am Morgen hochzufahren.
Noch oft werde ich sagen: „Frühstück brauchst du zeitlich nicht einplanen. Es gibt da nichts für uns. Wir essen besser unsere Kekse oder das Studentenfutter“ – und ich werde immer Recht behalten! Ja, man mag mir Intoleranz vorwerfen aber ich muss nicht alles gut finden nur weil es exotisch und landestypisch ist.
So lieblos das Frühstück, so „gepflegt“ das Hotel. Selbstverständlich gibt es kein warmes Wasser, da die Solaranlage auf dem Dach zerschlagen und die Installation defekt ist.
Hinter den Fenstern im Flur schaut man auf rohes Mauerwerk. Die Fenster in unserem Zimmer kennen wir in dieser Art auch aus Deutschland.
Dort sind sie noch vielerorts als Stallfenster zu finden. Die Tapeten sowie alle Holzapplikationen scheinen aus den fünfziger Jahren zu stammen. Doch da gab es dieses Hotel noch lange nicht. Die Bodenbeläge erwecken den Eindruck, als hätten sie vorher einige Jahre in Autowerkstätten gelegen.
Ja, stimmt, irgendwo auf einer unserer Reisen ist uns die rosarote Reisebrille abhanden gekommen. Jedoch ist dies keine Meckerei sondern lediglich die Beschreibung eines Zustandes.
Auf der Fahrt von Gyantse nach Shigatse fällt wieder auf, das der Anteil der traditionell tibetischen Häuser auf unter fünfzig Prozent gesunken ist. Die meisten Häuser sind zwar im tibetischen Stil, jedoch mit Betonformsteinen gebaut. Es gibt sie in drei verschieden Grössen. Mit einem, zwei oder drei Fensten auf der Front. Aus vielen Dörfern wandern Menschen nach Lhasa auf der Suche nach besser bezahlter Arbeit ab.
Im Zuge des von China importierten Aufschwungs bringen sie es oft zu bescheidenen Wohlstand und können ihre Familien auf den Dörfern mit Geld unterstützen. Diese bauen dann neue Häuser, leisten sich einen Elektroanschluss, einen Fernseher, einen Traktor oder gar ein Auto.
Um dreizehn Uhr treffen wir in Shigatse ein. Ich frage noch wie es wäre den nahe gelegenen Tashilunpo Palast zu besuchen bevor wie im Hotel einchecken, da der Himmel noch nahezu wolkenlos ist und es sich nachmittags wieder zuziehen wird. Nein, da führte kein Weg ran, angeblich öffnet das Kloster erst um fünfzehn Uhr wieder. Also fahren wir zum Hotel und vertrödeln die sonnige Zeit. Als die Wolkendecke sich über Shigatse schliesst, treffen auch wir auf dem Tempelgelände ein.
Von Anfang an habe ich keinen Zweifel an meinen Interessen gelassen. Wäre da nicht ein wenig Flexibilität gegenüber den Zahlern möglich?
Unseren Guide Dobla vergraule ich, damit wir allein und in Ruhe etwas Zeit für die Besichtigung des Tashilunpo Klosters haben. Dieses Kloster der Gelukpa-Sekte war früher der Sitz seiner Heiligkeit des Panchen Lama. Anschließend gehen wir über den Gemüsemarkt kaufen uns ein paar Bananen und laufen dann zu Fuss zurück zum Manasaravar Hotel.

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Traditionelles tibetisches Bauernhaus.

14.04.2011 – Heute früh habe ich einen ersten Teilerfolg erzielt. Wir fahren schon eine halbe Stunde früher, um acht Uhr ab. So haben wir auf dem Friendship Highway noch etwas mehr Zeit für Fotohalte im weichen Morgenlicht. Wir fahren über den Tsola Pass  auf 4300 Metern zum Lhakpa La Pass auf 5248 Metern. Weiter geht es über Lolo nach Shelkar welche auch als New Tingri bezeichnet wird.
In Shelkar gehen wir abends essen. Caroline sitzt mit Handschuhen da und löffelt Nudelsuppe in sich hinein, die in dem kalten Restaurant schneller erkaltet als sie diese essen kann. Mich ekelt jegliches Essen an, ich will nur ins Bett, denn morgen geht es um sechs Uhr dreissig los zum Mt. Everest.

15.04.2011 – Big Five – Es ist noch tiefschwarze Nacht als wir aufstehen und losfahren. Gleich in Shelkar befindet sich der erste Checkpoint. Drei Kilometer weiter müssen wir alle aussteigen und bei der Armee erneut alle unsere Papiere vorzeigen. Alle Daten werden von kindlich wirkenden Pappchinesensoldaten in dicke Bücher mit Listen eingetragen. Weiter geht die Fahrt über die unbefestigte Strasse. Nach fünf Kilometern halten wir wieder an einem Schlagbaum. Der verschlafene Soldat muss mit all unseren Papieren  überzeug werden die Schranke zu öffnen. Scheinbar endlos geht die Fahrt über die Schotterpiste immer weiter hinauf. Der Himmel im Osten beginnt sich zu färben und ich empfinde es als eine Wettfahrt mit dem Sonnenaufgang.
Und in der Tat treffen wir wenige Minuten bevor die Sonne über die Gipfel im Osten klettert am Aussichtspunkt des Pang La Passes auf 5120 Metern ein.
Der Anblick ist überwältigend.

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Everest sunrise

Links befindet sich noch ein Hügel von etwa weiteren einhundert Höhenmetern. Da ist die Aussicht perfekt. Da muss ich rauf! Zwanzig Minuten und drei Pausen später, stehe ich völlig ausser Atem auf 5120 Metern mit freiem Blick auf fünf Achttausender. Den Mt. Makalu (8463 m), den Lhotse (8516 m), den Everest (8848 m), den Cho Oyu ( 8201 m) und den XiXia BangMa (8012 m). Nach dem wir ausgiebig diesen Anblick genossen haben geht die Farht Richtung Mt. Everest weiter.
Vor Rongbuk passieren wir einen weiteren Kontrollposten an dem wir alle aussteigen und Pässe, sowie Permits für das Everest Gebiet vorzeigen müssen.
Das Rongbuk Gusthouse ist nach wie vor nutzbar, doch bevorzugen die meisten Touristen jetzt das Everest Tent Camp, welches etwa zehn Kilometer Luftlinie vom Everest Gipfel entfernt ist. Pferdewagen und Jeeps verkehren nicht mehr zum Everest Base Camp, die örtliche Community, welche auch das Guesthouse und das Tent Camp betreibt hat zwei Busse angeschafft mit denen ein kostepflichtiger Pendelverkehr zwischen Tent Camp und EBC angeboten wird.
Das Tent Camp besteht aus etwa zwanzig Quadratmeter großen Zelten mit Bänken rund um die Zeltwände und einem Ofen in der Mitte. Rückwärtig gibt es auch je eine Küche in der die Frauen aus Rongbuk ihre Gäste bewirten.
Ich sammele etwas zusätzliches Brennmaterial sowie einen Hausschuh aus Schaumgummi und befeuere damit den Ofen. Wenig später herrschen im Zelt etwa fünfundzwanzig Grad. Für die Tibeterinnen deutlich zu viel und sie verlassen das Zelt. Wir können  nun endlich Jacke, Schal und Mütze ablegen. Fünf Gehminuten von Tent Camp Richtung Everest befindet sich in 5210 Metern ein weiteres Kloster, in dem jedoch nur ein Mönch wohnt. Dieser ist ein Freund von Dobla, jedoch nicht zu Hause, da er weiter oberhalb damit beschäftigt ist für seine Familie ein Haus zu bauen. Trotzdem werden wir aufgefordert, seine Räume zu besuchen. Wir steigen hinab in eine kleine Felsenhöhle in der er meditiert und schläft. Die Wände und Decken sind schwarz vom Qualm der Butterkerzen. Dieser Russ ist Teil der Gebetszeremonien und so wischt sich Dobla, der hier schnell noch ein Gebet spricht etwas davon auf die Stirn und in die Haare. Wir steigen aus der Höhle wieder nach oben. Auf dem Dach steht ein kleines Photovoltaikpanel, welches eine Batterie speist. So hat der Mönch auch in der Höhle und in der Stube eine Energiesparlampe hängen die ihn unabhängig von Tageslicht und Butterkerzen macht. Bevor uns im Camp der Nachmittag lang wird, besuchen wir  auch das Kloster Rongbuk.
Am späten Nachmittag sitzen wir zusammen auf dem gefrorenen Fluss und schauen den Wolken zu die vom Wind am Everest vorbeigetrieben werden.
Das Abendessen ist mit tibetischer Gastfreundschaft zubereitet, doch ich habe keinen Hunger, was wie sich später herausstellen wird nur an der Höhe liegt, die mir auf den Magen schlägt. Der Ofen in der Mitte des Zeltes wird nun fleißig mit Ziegenkot befeuert, wobei es auch hin und wieder mal aus dem Ofen qualmt. Das Zelt füllt sich nach und nach mit einem strengen Geruch nach schwelendem Ziegenkot, der in jeder Faser unserer Kleidung klebt. Die Dunkelheit senkt sich ins Tal und wir beginnen unser Nachtlager auf den Bänken herzurichten. Wenig später liegen wir in unserer langen Unterwäsche in den frostsicheren Schlafsäcken und werden von der Tibeterin zusätzlich bis zur Bewegungsunfähigkeit in Yak –  Wolldecken eingewickelt. Caroline will zum schlafen nicht mal auf ihre Mütze verzichten. Wir warten auf Bruder Schlaf. Um elf Uhr müssen wir mal auf die Toilette. Wir befreien uns aus den Cocons, ziehen uns eine Jacke über und gehen raus.
Ein eisiger Wind bläst durch das Tal an dessen Ende sich, der Everest, getaucht in ein gespenstisches Mondlicht, welches von Eis und Schnee reflektiert wird erhebt. Ich bin zu faul und es ist zu kalt, noch einmal mit der Fotoausrüstung hinaus zu gehen um dies festzuhalten.
Die Guides feiern noch immer Party in ihren Zelten oder laufen mit Lampen auf dem Platz umher. So müssen wir notgedrungen die fünfzig Meter zum Plumpsklo zurücklegen. Dann verkriechen wir uns wieder in die Schlafsäcke. Zwei Paracetamol bescheren mir dann noch vier Stunden Schlaf.

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Mt. Qomolangma

16.04.2011 – Wir wachen auf. In der dünnen Höhenluft gibt der Körper sofort jede Feuchtigkeit ab und zum Abend hin haben wir möglichst wenig getrunken um nicht so oft auf Toilette zu müssen. So ist auch mein Mund so trocken wie eine Mehlstube. Ich greife nach meinem Wasser, was auf dem Boden steht und setze an. Nichts! Nur Eisklumpen in der Flasche. Der Ofen ist seit elf Uhr aus und im Zelt herrschen kuschelige null Grad. Wir pellen uns an und ich gehe raus auf den gefrorenen Fluss den Sonnenaufgang mit Everest fotografieren. Eisig weht der Wind durch das Tal und meine Motivation entspricht der Aussentemperatur. Minus Zehn! Etwa so hoch ist auch mein Wille zur Nahrungsaufnahme und ich quäle mir einen Apfel und einen Schokokeks rein und kippe zwei trübe Tassen grünen tee mit Flusswaser gekocht hinunter.
Um acht Uhr dreissig soll der Bus zum Everst Base Camp abfahren, doch wir warten und warten auf die chinesische Reisegruppe. Um nicht zu erfrieren verziehen wir uns in eines der geheizten Zelte. Kurz vor Neun kann es dann endlich losgehen. Der Bus müht sich auf einer Schotterstasse, die wegen Bergrutschen und Steinschlägen immer wieder verlegt werden muss, durch das Tal bis er nach fünfzehn Minuten wieder vor einem Schlagbaum zum stehen kommt. Hier müssen alle aussteigen und ihre Pässe sowie die Permits den Soldaten vorzeigen. Es gibt auch klare Anweisungen in welche Richtung man fotografieren darf, denn die chinesische Volksarmee unterhält hier ein Militärlager.Dann ist es soweit. Von einem Hügel eröffnet sich der Blick auf das Everest Base Camp und die dahinter in den stahlblauen Morgenhimmel aufragende Everest Nordwand. Die Präsenz des Berges der sich von diesem Punkt noch 3650 Meter erhebt, degradiert alle umliegenden Berge zu Schutthalden. Von hier sind es noch sieben Kilometer Luftlinie bis zum Gipfel. Am Ende des fünfundzwanzig Kilometer langen Rongpu-Gletschers beginnt die Siedlung aus bunten Zelten, die wir als Base Camp bezeichnen. Hier warten diejenigen, die den Berg mit Mut, Ausdauer, Geld und Technik bezwingen wollen. Viele werden es schaffen, andere aber für immer oben bleiben. So kauern wir nun an der letzten Barriere, die zum Schutz vor Infektionen im Base Camp nicht überschritten werden darf und blicken fasziniert auf die Szenerie. Und wie wir so in unserer Funktionskleidung eingemummelt kauern, öffnet sich keine zwanzig Meter entfernt eines der Zelte und ein richtiger Mann tritt ins Freie. Bullig, haarig und sehr kräftig. Wir denken spontan an einen ehemaligen Navy-Seal oder den Kämpfer einer Spezialeinheit, der ohne Mühe in der Wildnis einen Hirschbock mit den bloßen Händen tötet und aufbricht. Bekleidet ist er nur mit seiner Unterhose und beginnt sich vor den Zelt die Zähne zu putzen. Dieser Anblick hat mich tief beeindruckt und ist mir für immer im Kopf geblieben. Dem Everest ist das egal. Vielleicht hat er genau diesen unbekannten Bergsteiger zum Opfer auserkoren.

Am 30. September 2006 eröffneten am Nangpa-La-Pass an der Grenze zwischen Tibet und Nepal stationierte chinesische Soldaten das Feuer auf einen Flüchtlingstreck von 70 Tibetern, darunter auch Frauen und Kinder. Bis zu sieben Personen könnten bei der Schießerei ums Leben gekommen sein, unter denen sich auch eine buddhistische Nonne und ein Kind befanden. Wie der Leiter des von den Vereinten Nationen unterstützten Zentrums für tibetische Flüchtlinge in Kathmandu, Lundhup Dorjee, berichtet, gelang es nur 40 Personen von der Gruppe nach Nepal zu entkommen.**

Zurück im Camp sind wir dann nicht ganz unglücklich unsere Sachen in den Jeep verstauen zu dürfen um diesen unwirtlichen Platz zu verlassen. Zurück fahren wir eine Abkürzung. Etwa zwei Kilometer hinter Rongbuk zweigt eine, in der Karte als Nebenstrecke gekennzeichnete Straße ab. Dies ist jedoch nur glaubhaft, solange man diese Straße nicht selbst gefahren ist, denn weder Nebenstrecke noch Strasse sind als Begrifflichkeit angemessen. Unser Fahrer Bandir sucht sich mir Glück und Geschick den Weg durch eine Steinwüste. Selten fahren wir schneller als zwanzig Stundenkilometer aber oft schlagen wir mit dem Kopf irgendwo an. Dort hinten scheint ein grosser See zu sein. Doch als wir näher kommen erkennen wir, dass es ein Feld aus Millionen von hellen rundgeschliffenen Steinen ist, welche die winterlichen Schneemassen seit Jahrtausenden zu Tal schieben um sie erst im Frühjahr zur Schneeschmelze wieder frei zu geben. Rings umher, überall Steine und Felswände. Es ist uns unmöglich uns vorzustellen wie die Nomaden  mit ihren Yak und Ziegenherden hier draussen überleben. Wir fahren über den Lamma La Pass in 5120 Metern Höhe. Von hier haben wir klare Sicht auf die Gipfel des Shishapangma (8046 m) und des Gaurishankar (7134 m). Der Höhenmesser im Jeep rührt sich schon seit Tagen nicht. Die Kopfschmerzen habe ich mit Paracetamol besiegt, die Lustlosigkeit ist ein Dauerzustand, doch dass mir schlecht wird ist neu. Keine Ahnung ob von der Höhe oder dem stundenlangen Geschaukel im Auto.
Wenig später stehe ich hinter dem Jeep auf dem felsigen Weg, vor mir die Kulisse der schneebedeckten Achtausender und entleere meinen Magen. Der Apfel liegt vor mir wie ich ihn zerkaut habe, von dem Schokokeks allerdings fehlt bis heute jede Spur. Ist mir auch egal denn nun geht es mir zunehmend besser zumal wir Tingri auf „nur“ 4330 Höhenmetern erreichen.
Hier im besten Restaurant der Stadt gehen die Guides mit ihren Langnasen essen. Doch soweit sind wir noch nicht. Immer noch widern mich die Gerüche an und wir haben auch wenig Lust in dem düsteren Etablissement zu sitzen. Wir holen ein paar Bananen und China Cola und beobachten vor dem Restaurant das Treiben in der Stadt.

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High Noon in Tingri

Tingri ist eine Stadt wie aus einem Western, in der Mitte durchzogen von der Hauptstraße, den „Friendship Highway“ und von Süden stösst die Passtrasse auf die Hauptstrasse. Dem Betrachter drängt sich der Gedanke auf, dass sich die Bevölkerung zur einen Hälfte aus beschäftigungslosen Menschen und zum anderen Teil aus streunenden Hunden zusammen setzt.
Ein Mann um den sich gleich mehrere Hunde scharen, macht sich ein Bier auf. Gierig trinkt er aus der Dose bevor er die getrunkene Menge durch Schnaps ergänzt. Eine scheinbar schon betrunkene Frau mit genau zwei Zähnen sitzt an eine Hauswand gelehnt während ihr etwa zweijähriges Kind am Straßenrand mit Steinen spielt. Die älteren Kinder betteln unablässig die Fremdlinge um Geld an. Gegenüber schüttet eine Frau dreckiges Wasser vermischt mit Abfällen vor die Tür, was sofort die Hunde auf den Plan ruft, die sonst alle unter abgestellten Autos den Tag verpennen. Sie suchen in der Brühe nach irgendetwas Essbaren. Nur selten knattert mal einer der chinesischen Gelenktraktoren vorüber. Es ist wirklich ein schöner Moment als die Lunchpause zu Ende ist und wir weiterfahren können.
Mit sechzig Stundenkilometern jagen wir weiter den Friendship Highway hinunter Richtung Zanghmu. Die Fahrer müssen sich exakt an die Geschwindigkeiten halten, da nicht nur die Route genau vorgeschrieben ist. Es gibt auch allerorten Checkpoints an denen kontrolliert wird, ob Strecke und Zeit übereinstimmen. Individualität ist in Tibet nicht mehr möglich und von der chinesischen Regierung auch nicht gewünscht.
Wir passieren unterwegs einige imposante Ruinen und fragen, was dies wohl mal war. Obwohl es offensichtlich ist, dass es sich um während der Kulturrevolution zerstörte Klöster handelt, erzählt und Dobla das Märchen von Dörfern die erst vor zwanzig Jahren verlassen wurden.

Fragen die weder gestellt noch wahrheitsgemäß beantwortet werden sollen. Dann begegnet uns auf dem Friendship Highway eine Gruppe Kinder, die mit den chinesischen Fahnen die sie schwenken wie Pfadfinder anmuten. Es ist Sonnabend und sie ziehen mit ihrem Lehrer von Dorf zu Dorf und singen vielleicht sogar Lieder von der friedlichen Befreiung Tibets.
Die Strasse beginnt nun in ein Tal einzutauchen. Immer weiter hinab windet sich die Strasse in das wildromantische Tal, das der Men Chu Fluss in tausenden Jahren in den Fels geschnitten hat. Bäume beginnen die Hänge zu bewalden und meine Höhenkrankheit schwindet dahin.
Kurz vor Zanghmu, liegt links am Fahrbahnrand ein Kalb im Graben. Es wollte wohl aus einer lecken Wasserleitung trinken und ist von der Betonkante der Fahrbahn abgerutscht. Mit vereinter Manneskraft ziehen wir es auf die Strasse. Nun stinke ich nicht nur nach Ziegenkot sondern auch nach Kuh!

Wir erreichen Zanghmu, eine weitere Liebenswürdigkeit der chinesischen Architektur. Über zweihundert Höhenmeter erstreckt sich die Stadt am fünfundvierzig Grad Hang des Tales. Es gibt nur eine Straße die sich 200 Höhenmeter den Berg hinunter windet. Unser Hotel hat vier Etagen.
Zur Strasse ist der Eingang und dann geht es vier Stockwerke den Hang hinab. Wir sind zwar jetzt auf 2300 Meter Höhe und das Klima ist wieder erträglich, jedoch ist es auf dem Zimmer so kalt, das wir auch hier zum Schlafen auf unsere lange Unterwäsche nicht verzichten können.
Da die Hälfte der Stadt, natürlich unsere Hälfte, Stromausfall hat, gibt es auch kein warmes Wasser. Das Restaurant „Everest Café“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite kocht mit Gas und so probieren wir eine Nudelsuppe.

Das Konzept des Restaurants, ausgestattet mit diversen Accessoires der Gipfelstürner die hier Station gemacht haben, überzeugt.
Jedoch wirkt alles sehr heruntergekommen und ungepflegt. Die gelangweilte Bedienung bringt uns zwei mässig warme Töpfe mit milchig trüber Nudelsuppe, die nicht nur leicht säuerlich sondern überhaupt gar nicht schmeckt. Zum Glück kann ich wieder Bier zu mir nehmen.

17.04.2011 – Ein letztes Mal kommen wir heute in den Genuss eines chinesischen Frühstücks, welches nicht ganz so grauenvoll ausfällt wie sonst, was zum einen daran liegt, dass der Appetit langsam zurückkehrt und zum anderen, dass das Spiegelei zwischen den zwei Toastscheiben als durchaus essbar eingestuft werden kann. Nach dem Frühstück werden wir von Bandir und Dobla abgeholt um die letzten acht Kilometer bis zur Grenze zurückzulegen.
Das Grenzkontrollgebäude ähnelt einen modernen Bahnhof, jedoch müssen wir, bevor es öffnet noch eine halbe Stunde anstehen, bevor es zehn Uhr chinesischer Zeit öffnet. Dann werden Pässe und Visa wieder peinlich genau kontrolliert. Fünf Meter entfernt, in Sichtweite der ersten Kontrolle werden erneut die Pässe kontrolliert. Dann machen sich mehrere Grenzbeamte über das Gepäck her. Eine Touristin vor uns muss ihren gesamten Trekkingrucksack auspacken. Uns gelingt es die Schlafsäcke und einen Koffer an  der Kontrolle vorbei zu schieben. Der andere Koffer wird zu unserer Verwunderung gar nicht kontrolliert. Bis die etwa zwanzig ausreisenden Touristen durchgeschleust sind, vergehen in Summe eineinhalb Stunden. Um kurz nach zwölf Uhr fahren wir dann mit einen klapprigen Marke Irgendwas, mit jaulendem Differenzialgetriebe den Arniko Highway weiter talwärts Richtung Katmandu.

Der Arniko Highway, der auf nepalesischer Seite die Fortsetzung des Friendship Highways darstellt, verdient zumindest die Bezeichnung Highway in keiner Weise. Manchmal als rissiges Betonband, meistens aber als Sandpiste auf der man dem Schutt von Steinschlägen ausweichen muss, schlängelt sich die schmale Strasse durch kleine Bergdörfer. Hier wird deutlich rasanter gefahren als in Tibet aber immer wieder muss unser Fahrer heftig bremsen, wenn uns in der Kurve ein Bus entgegenkommt dessen Dach meist ebenfalls gut besetzt ist. Wenn wir einen talwärts fahrenden LKW überholen haben wir ungehinderte Sicht in die hundert Meter tiefe Schlucht.
Eine riesige Vishnu Statue kündigt das Stadtgebiet von Kathmandu an. Wir tauschen Höhenluft und menschenleere Bergpanoramen gegen Lärm, Staub, Abgase und Müll.

TIBET TOP OF THE WORLD Mt. Everest Nepal China Lhasa Potala Dalai Lama Temple Kathmandu.

Nächtliche Zeremonien zum Themal Fest in Kathmandu.

Da das MAYA Guesthouse voll ist, beziehen wir ein  Quadratmeter kleines Zimmer im Green Hotel  beziehen, wo wir Mühe haben unsere Koffer abzustellen. Sehr schön ist aber der üppig grüne Innenhof in dem man sitzen kann, sowie die Balkone die jede Etage hat. Wie soll es anders sein, am Abend besuchen wir wieder die Boudhanath Stupa wo heute am Sonnabend das Themal Fest gefeiert wird.

Die Stupa und der Platz sind belagert von tausenden Gläubigen und Mönchen, so dass kaum ein Streichholz zu Boden fallen könnte.
Am Eingang der Stupa stehen hunderte Menschen an und zwei Ordnungskräfte sorgen für Disziplin in der Reihe und stopfen förmlich die Menschen in den kleinen Eingang zur Stupa. Unmengen an Butterlampen werden entzündet und Bündel von Räucherstäben dem Feuer vor der Stupa preisgegeben. Rings um den oberen Kreis der Stupa ist ein Blumenkranz gespannt und in den kleinen Nischen sind Feuer entzündet Selbst auf dem Dach der Stupa umrunden die Menschen immer wieder die Spitze. Dazu erklingen aus dem Tempel die Laute der Hörner und des grossen Gongs. Während wir auf einer Dachterrasse Abendessen und später zu Bett gehen, setzten sich die Zeremonien die ganze Nacht fort.

18.04.2011 – Nach dem Frühstück und einer Umrundung der Boudhanath Stupa fahren wir zur Freak Street. Den Namen hat sie aus den siebziger Jahren, als Aussteiger aus aller Welt sich hier trafen um unter der Wirkung von bewusstseinserweiternden Drogen von einer besseren Welt zu träumen.
Von dem Geist dieser Zeit ist heute jedoch nichts mehr zu spüren und eine bessere Welt gibt es auch nicht! Wir streifen durch die rückwärtigen Gassen der Wohnviertel. Nur zwanzig Meter abseits der für die Touristen leidlich herausgeputzten Sehenswürdigkeiten, werden Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Probleme offensichtlich. Wir wagen Blicke in die meist nur einen Meter sechzig hohen Hauseingänge, sehen die öffentlichen Wasserstellen, die winzigen Geschäfte und Restaurants mit denen viele Bewohner versuchen der Arbeitslosigkeit, die sich der fünfzig Prozent Marke nähert, zu entkommen.

TIBET TOP OF THE WORLD Mt. Everest Nepal China Lhasa Potala Dalai Lama Temple Patan

Öffentliche Wasserstelle in Patan

Die öffentlichen Wasserstellem gibt es verteilt über das gesamte Stadtgebiet, da nicht alle Gebäude über einen Wasseranschluss verfügen. In manchen Randbezirken im Kathmandu Valley, wird die Wasserversorgung über Tankwagen, aus denen das Wasser verteilt wird, sichergestellt.
Vor dem einsetzenden tropischen Regen bringen wir uns im „Himalayan Café“ in Sicherheit. Danach treiben wir weiter ziellos durch die Stassen und landen am Durbar Square in Patan. Wie schon bei unserem ersten Besuch gefällt uns hier weder die Museumsatmosphäre noch die Tatsache, dass dieser Ort die höchste Touristendichte im Kathmandu Valley hat. So entschliessen wir uns wieder zurück zu unserer grünen Oase Green Hotel zu fahren.
Von der Dachterrasse des „Cafe du Stupa“ sind heute zum ersten Mal die schneebedeckten Gipfel des Annapurna Massivs und ein Sonnenuntergang zu sehen.

19.04.2011 – Aus dem von mir präferierten Flug nach Lukla ist nichts geworden und für einen Ausflug zum Annapurna war die Zeit zu kurz aber aus unserem letzten Tag wollen wir etwas Besonderes machen. Wir fahren kurz vor sieben Uhr nach Bahaktapur, einer weiteren Tempelanlage die zum Weltkulturerbe gehört. Wir sind wohl die ersten Touristen an diesem Tag und werden schon vor dem Tor zu der Tempelanlage abgefangen und versucht uns zum Kassengebäude zu zerren. Man will uns glauben machen, dass auch die umliegenden Strassen die nicht zum Tempelgelände, sondern zu den normalen Wohnvierteln gehören, kostenpflichtig sind. Ich weigere mich zu zahlen, wir werden bedroht und es fehlt nicht viel dass es zu Handgreiflichkeiten kommt. Natürlich wären wir bereit gewesen für die Besichtigung der Tempelanlage zu zahlen, die Art und Weise der „Tempelwächter“ jedoch führt bei mir zu der Entscheidung auf diese Sehenswürdigkeit zu verzichten. Wir gehen durch die umliegenden Strassen und gelangen von hinten ungehindert auf das Tempelgelände. Als wir das Tempelgelände verlassen, beginnt es wieder zu regnen und wir flüchten in ein Taxi um noch einmal den hinduistischen Paschupatinath Tempel zu besuchen. Doch dort angekommen regnet es sich ein und die Tropfen werden immer grösser, so dass wir wiederum in ein Taxi flüchten und zur Boudhanath Stupa fahren, wo wir das Ende des Regens im „Cafe du Stupa“ abwarten. Nach dem Regen ist es für eine Stunde angenehm durch die kühle und saubere Luft zu wandern bevor sich die Stassen wieder mit Staub und Smog füllen. Wir kaufen uns ein paar Flaschen kalte Cola und eine 180 ml Flasche Nepal Whiskey für umgerechnet 90 Eurocent und verbringen den Nachmittag auf dem Balkon des sonst leeren Hotels. In das dauernde Grundrauschen des Verkehrs der Strasse, der gedämpft durch die Häuserschluchten dringt mischt sich das Geschrei von Kindern und Hundegebell.
Unten im Hof sitzen junge Nepalis, die Tee trinken und eine Zigarrette nach der anderen rauchen. Am Abend beginnen sie Gitarre zu spielen und dazu zu singen. Für einen Moment ist es wie im Urlaub.
Ein letzter Blick zurück in die Tusal Chowk.

TIBET TOP OF THE WORLD Mt. Everest Nepal China Lhasa Potala Dalai Lama Temple Kathmandu20.04.2011 – Kontrollwahn
Um halb Acht werden wir zum Flughafen abgeholt. Im Eingang kontrolliert ein Flughafenangestellter die Pässe und Flugscheine.
Drinnen wird das Gepäck durchleuchtet, bevor wir zum Check Inn Schalter gehen. Wir haben viereinhalb Kilo Übergewicht. Der Schalterangestellte der das Gepäck wiegt flüstert mit zu: „Overweight make 500 Dollar, give me 50 Dollar“ Ich verstehe erst nicht wirklich was er will und frage nach.
Er meint das Übergewicht würde regulär 500 Dollar kosten und ich soll ihm 50 Doller versteckt in die Hand drücken,  dann würde er das schon machen. Wir können es nicht glauben. Die Gepäckmarken haben wir inzwischen schon und die Koffer sind schon auf dem Band. Wir erklären ihm, dass wir nur noch 500 Rupien, umgerechnet fünf Euro haben und drücken ihm die in die Hand. Zum Glück gibt er sich auch damit zufrieden.
In Sichtweite des Check In  Schalters werden erneut unsere Pässe und Boardingkarten kontrolliert. Dann müssen die Ausreiseformulare ausgefüllt werden, die sich in spätestens einer Stunde im Müll finden. Am nächsten Schalter werden Visa, Ausreiseformulare, Pässe und Tickets geprüft.
Einmal rechts abgebogen und schon stehen wir am Ende der nächsten Schlange. Hier trennt man jedoch in Ladysline und die Reihe für Männer.
Das Handgepäck wird erneut durchleuchtet und hinter dem Strahlenautomat noch einmal per Hand durchsucht. Nun werden wir in einen Warteraum verwiesen, in dem wir erfahren, dass der Flug Verspätung hat. Als es dann endlich Boarding heisst, wird wieder in Mann und Frau eingeteilt und es folgt die Kontrolle von Pass und Boardingkarten, bevor wir in den Bus steigen können, der uns die fünfzig Meter über das Rollfeld zur Maschine fährt. Am Flugzeug werden wir empfangen und unabhängig von der Sitzreihe im Flugzeug in Mann und Frau eingeteilt, wobei die Frauen hinten und die Männer vorn einsteigen müssen. Doch bevor man die Gangway hochsteigen kann, wird vom mehreren Angestellten eine erneute Kontrolle des Handgepäcks und eine Abtastung durchgeführt. Bis auf diese Weise alle in der Maschine ihren Platz eingenommen haben sind wir bei einer Verspätung von fünfzig Minuten angelangt und wir hoffen auf unseren Anschluss in Dehli.
Nachdem der A 320 der Air India in Dehli gelandet ist, müssen wir wieder zum Schalter um unsere Boardingpässe für die Langstrecke zu holen, die dann keine zehn Meter weiter zusammen mit den Pässen kontrolliert werden. Nun stehen wir wieder geschlechtergetrennt um das Gepäck durchleuchten und uns abtasten zu lassen. Dann warten wir vor dem Gate. Ein Flughafenangestellter, gekleidet wie ein Polizist einer Sondereinheit, kommt und fordert alle auf zm Schalter zu kommen um die Boardingpässe kontrollieren zu lassen, während eine Lautsprecherstimme alle Fluggäste auffordert sitzen zu bleiben, was bei einigen Verwirrung und bei uns Belustigung auslöst. Bevor wir dann die Gangway zur Maschine hinuntergehen kontrolliert ein Angestellter die Boardingkarten, ein weiterer kontrolliert die Kontrollmarken am Handgepäck.
Nur in Frankfurt kommen wir mit einer Kontrolle von Pässen und dem Durchleuchten des Handgepäcks davon und so landen wir nach achzehn Stunden und dreizehn Kontrollen auf dem Flughafen Berlin Tegel.

Quellen:
* Radio Free Asia – Übersetzung Adelheid Dönges
** Internationale Gesellschaft für Menschenrechte
Reise know How, Rainer Krack, Nepal, Kathmandu, Valley, zweite überarbeitete Auflage 2011
GEO Spezial Nr. 6 Dezember 2010, Himalaya

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