LOST PARADISE – BORNEO

Floating Market

13. Januar 2020

Indonesien Brandrodung Palmöl Plantagen plantation Borneo Orang Utan BOS5. Juli 2009 bis 19. Juli 2009
Borneo, Jawa oder Sulawesi, das klang das für mich immer nach unerreichbaren Inseln in smaragdfarbenen Meerwasser. Bedeckt von undurchdringlichem Dschungel unter dessen Blätterdach wilde Tiere und Abenteuer warteten. Obwohl Indonesien schon durch die Java Reise zum Teil entzaubert war, überrascht und erschreckt mich die Wirklichkeit der indonesischen Inselwelt immer wieder.

 „Wir wünschen einen angenehmen Tag und einen sicheren Weiterflug, we wish you a pleasend day and a plea……“ Die Stewardess ist noch nicht ganz textsicher . „….save connecting fly“. Nachdem innerhalb eines Monats zwei Airbus Flugzeuge in verschiedene Ozeane gestürzt sind, wurde der Ansagetext den Sorgen der Fluggäste angepasst.
2009 geht die Angst vor einer lang andauernden Wirtschaftskrise um, von denen weltweit schon Millionen Menschen betroffen sind. Auch die Lufthansa hat inzwischen auf Krisenmeue umgestellt. Außer Tomatensaft, O-Saft, Tee sowie einer dunklen, heißen, bitteren Flüssigkeit die das Bordpersonal als Kaffee bezeichnet, gibt es nichts. So nutzen wir den Zwischenstopp in Frankfurt für eine Waffel, 0,25l Wasser und eine 0,33l Flasche O-Saft. Das macht 9,00 €. Ohne Trinkgeld versteht sich. Nun rein in die Boeing 747 der Singapore Airlines und Take Off. 390 Tonnen Startgewicht erheben sich in den Himmel. Kaum hat die Maschine ihre Flughöhe erreicht, wird die Luft von Chickencurry mit Reis und fremden Gewürzen erfüllt. Mit dem Geruch kommen auch die Erinnerungen an Asien, an Staub, an Lärm und an unvergessene Momente. Als meine Freundin diese Zeilen las, musste ich mich fragen lassen: „An welche unvergesslichen Momente?“ „Unvergessen sind doch zum Beispiel die Toiletten“, antwortete ich.

Im Gegensatz zu mir hat meine Freundin Fähigkeiten, welche im Alltag praktischen Nutzen bringen. Dank einer dieser Fähigkeiten hat sie uns Sitze am Notaustieg mit zwei Metern Beinfreiheit organisiert. Aber egal ob in der First- oder der Economy Class, ein zwölf Stunden langer Flug kann aus meiner Sicht nicht angenehm sein.

ATTENTION – IF YOU HAVE BEEN IN AFRICA OR SOUTAMERIKA DURING THE LAST SIX DAYS – PLEASE REPORT TO THE QUARANTINE COUNTER

Indonesien Brandrodung Palmöl Plantagen plantation Borneo Orang Utan BOS

Outbreak

Singapore, bewölkt, 28 ° Celsius. Doch im klimatisierten Bereich des Airport gibt es nur getrocknete immer gleich temperierte Einheitsluft. Weiter mit Silk Air nach Balikpapan. Die Kabinentür öffnet sich und ab jetzt gibt es für die nächsten Wochen nur noch Luft die wie warmer Sirup ist. Wir trotten über das Flugfeld zum Terminal. Das kleine Gebäude im indonesischen Retrostil verdient aber eher den Namen Empfangsgebäude. Überall Warnungen und Verhaltensregeln um eine Ansteckung oder das Einschleppen der Schweinegrippe zu vermeiden. Ein Mann und eine Frau, vermummt mit Atemschutz und bewaffnet mit einem Digitalthermometer, stürzen sich auf jeden Reisenden in der Einreiseschlage. Ungefragt bekommen die Wartenden ein Digitalthermometer in das Ohr gerammt. Mit kritischen Blick werden die Werte geprüft. Wir sind zu groß, sie kommen nicht an unsere Ohren heran und müssen uns freundlich bitten, das wir uns etwas herunter zu beugen.

Wir werden abgeholt. Mit dem Auto geht es nun durch die Wirklichkeit einer zweihunderttausend Einwohner Metropole zur Lodge der Borneo Orang Utan Survival Foundation „Samboja Letsari“. Auf dem Weg durch das Parkgelände umfährt man die Insel 6, auf der einige Orang Utans, die in der Sonne dösen, den Besucher begrüßen. Die Lodge selbst ist fast vollständig in dem wiederaufgeforsteten Regenwald versunken. Die Zimmer sind sicher, sauber und klimatisiert. Es gibt an der Bar Tiefkühltruhen, welche die Versorgung mit Eiswürfeln, kaltem Bier und Cola sicherstellen, ein Luxus der uns auf der restlichen Reise durch ein muslimisches Land abhanden kommen wird. Rückblickend war die Sambja Lodge die beste und stilvollste Unterkunft auf der gesamten Tour. Nach dem Mittagessen machen wir einen Rundgang um die Insel 6, doch die Orang Utans haben sich inzwischen vor der sengenden Sonne versteckt. So beschließen wir den Rest des Tages zu chillen.

Indonesien Brandrodung Palmöl Plantagen plantation Borneo Orang Utan BOS07.07.2009: Nach dem Frühstück gehen wir hinunter zu Insel 5 und 6 um die Fütterung der Orang Utans zu sehen. Wie wir erfahren sind auf Insel 6 nur die Hepatitis B erkranketen Orang Utans untergebracht. Diese werden nie die Chance haben in Freiheit zu leben, sondern immer zum Schutz der anderen Orang Utans auf der Insel bleiben. Zum heutigen Zeitpunkt befinden sich ca. 120 Orangutans in der Samboja Lodge, die in 6 verschiedenen Arealen rund um die Lodge ausgesetzt wurden. In anderen Gehegen leben derzeit etwa 45 Sonnenbären, die nicht die traurige Berühmtheit der Orang Utans haben aber deren Artensterben wie das unzähliger anderer Tierarten in der gleichen Weise von statten geht. Nach dem Mittagessen geht es nach Bukit Bangkirai zu den Hängebrücken. Dieser Trip, der 40 Dollar kostet, bucht man ihn vor Ort, macht irgendwie den Eindruck, dass er nur der Unterhaltung der wenigen Touristen dient, die Samboja besuchen. Zwar sehen wir Riesenameisen und in den Bäumen eine Gruppe Red Leaf Monkeys, wirklich aufregend aber ist dieser Ausflug nur für Regenwaldneulinge. Bei soviel Freizeit freut man sich auf die Verkostung von ein oder zwei „Bintang“ Biere. Nach der Ankunft in der Lodge werden wir mit der Nachricht überrascht, dass unser Flug Balikpapan – Banjarmarsi noch nicht gebucht ist.

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Sonnenbär mit Sonnenstich

08.07.2009: Es hat die ganze Nacht geregnet. Etwas besorgt schauen wir aus dem Fenster. Doch zum Frühstück kommt die Sonne hinter den Wolken hervor. Ein weiteres mal gehen wir nach dem Frühstück zu den Orang Utans und den Sonnenbären. Die Sonnenbären lassen sich nur sehr schwer „nature like“ fotografieren, da fast das gesamte Gelände mit Zivilisationsgegenständen vollgemüllt ist. Die Sonne steht außer am Nachmittag ungünstig und die Bären verbringen die meiste Zeit auf Holztürmen oder in Behausungen aus Beton. Nachdem sich die Orang Utans mit Früchten eingedeckt und sich im schattigen Dickicht oder den Behausungen zurückgezogen haben, gehen wir zurück in die Lodge wo wir von unserem Guide abgeholt werden. Mit dem Jeep fahren wir in den nahegelegenen Ort, um die Werkstatt der Handycrafts, wo die bei den Touristen so beliebten authentischen Reiseandenken gefertigt werden, zu besichtigen. Da heute jedoch Feiertag ist, ist diese Werkstatt geschlossen und der Besuch bleibt uns erspart. Nich erspart bleibt uns ein Rundgang durch den „nursery“. Dies ist die Pflanzenzucht der BOS, welche einen erschreckend ungepflegten Eindruck macht. Angeblich ist hier niemand, da ja Feiertag ist. Das Gelände macht aber den Eindruck als habe sich hier schon lange niemand mehr um etwas gekümmert. Wir fahren zurück zur Lodge und genießen die freie Zeit.
Das nächste indonesische Abenteuer startet um halb vier. Der Fahrer rast mit der atemberauben Geschwindigkeit von 40 km/h zum Sungai Wain-Fluss, welcher auch als Black River bezeichnet wird. An der Bootsanlegestelle erwarten uns zwei in traditioneller Bauweise gefertigte und halb vermoderte Holzkähne. Beide Bootsführer haben vielleicht vor kurzem ihr 16. Lebensjahr vollendet und sind damit beschäftigt die Kähne leerzuschöpfen. Die Boote sind unwesentlich breiter als ein europäisches Gesäß. Unsere Gesichter müssen wohl etwas besorgt ausgesehen haben, denn man versichert uns, dass noch nie ein Boot gekentert sei. Nicht dass wir ernsthaft besorgt wären mit den Booten zu kentern. Jedoch beide Kameras am Anfang der Reise zu verlieren, wäre ein schmerzlicher Verlust. So werden wir auf den Booten hin und hergetauscht, bis man sich sicher ist, dass die Boote uns tragen. Die Jungs vorn im Boot paddeln los.
Woher der Fluß seinen Namen Black River hat bleibt unklar. Seine Bestimmung jedoch klärt sich nach kurzer Fahrt. Von den anliegenden Häusern und seinen Bewohnern wird er als Fekalkloake und Müllhalde genutzt. Am Ufer und an im Wasser liegenden Bäumen haben sich Teppiche aus Tüten, Plastikflaschen, leeren Spraydosen und bräunlichem Schaum gebildet. Dies hält aber niemanden davon ab im Fluß zu angeln. Das hält den Jungen im Boot auch nicht davon ab sich mit dem Wasser ein wenig zu erfischen, einen Schluck zu trinken und sich mit pupertärer Eiltelkeit die Haare zu stylen. Man sollte doch noch einmal gründlich über den Verzehr von Fisch in Indonesien nachdenken. Mir ist unklar wie man auf dieser Fahrt Nasenaffen beobachten soll, denn die ganze Zeit hindurch ist der Lärm der Straße zu hören. Nach etwa einer dreiviertel Stunde geben wir auf und lassen uns zurückrudern. Doch wir sind gerade auf dem Rückweg, da zeigen sich dann doch noch Nasenaffen in einem Baum am Ufer. Für ein brauchbares Foto reicht es nicht. Doch die Langnasenaffen zum ersten Mal in freier Wildbahn zu sehen ist in diesem Moment gut genug.

09.07.2009: In der Samboja Lodge kann man nur die Orang Utans auf Insel 5 und 6 besuchen, die anderen Inseln sind nur Mitarbeitern des BOS zugänglich. Man kann Sonnebären in Gehegen sehen und durch den angrenzenden Sekundärwald wandern. Viel mehr Möglichkeiten der Beschäftigung oder Berührungen mit Orang Utans, dem eigentlichen Grund der Reise gibt es nicht. Daher werden die Touristenprogramme mit Ausflügen gefüllt, über deren Wertigkeit man streiten könnte. So machen wir heute nach dem Frühstück eine Trekkingtour durch den „Selmat Datang National Park“. Dieser ursprüngliche Regenwald wurde bereits 1938 zum Naturschutzgebiet erklärt. Heute jedoch ist dieser Regenwald ebenfalls durch Siedlungsdruck und Verschmutzung stark gefährdet. Die dort (angeblich) noch lebenden Orang Utans haben sich durch die Verfolgung der Menschen so tief in den Wald zurückgezogen, dass man sie nicht mehr zu sehen bekommt. Doch ab und zu wehrt sich die Natur. Es ist bereits vorgekommen, dass auch Orang Utans Menschen angegriffen haben. Vor einigen Tagen so hören wir, wurde einen ältere Frau die am Ufer angelte, von einem Krolkodil zum Abendessen ausgewählt und ausgeweidet. Das Regenwaldabenteuer an sich, ist ein gekennzeichneter Loop der in zwei Stunden bequem zu schaffen ist. Außer Insekten, einem verirrten Waldhuhn, einigen Makaken und Wildschweinen kann man zwischen Sonnenauf- und untergang kaum Tiere beobachten, da fast alle Bewohner der Regenwaldes nachtaktiv sind.
Zum Mittag machen wir auf eigenen Wunsch an einem einfachen Straßenrestaurant Halt, um uns der indonesischen Küche anzunähern. Serviert wird oft alles was die Küche anzubieten hat. Abgerechnet wird dann nur was auch verzehrt wurde. Unsere Rechung wird vergleichsweise klein ausgefallen sein, denn nicht nur auf Grund der Hitze essen wir wenig. Unser Fahrer hat heute anscheinend noch etwas Wichtiges vor. Anders als am Vortag jagt er heute mit 80 km/h über die schmale Hauptstraße. Gerade konnten die Augen noch den Holzverschlag erfassen. Auf hochbeinigen Holzfüßen stand er an der Straße. Der Langschwanzmakake darin verstört an das Gitter geklammert. Landschaft und Häuser fliegen am Fenster vorbei und einige Male verfehlte uns der Gegenverkehr nur um wenige Zentimeter.
Die gute Nachricht am Abend: Der Flug ist gebucht und bezahlt.

10.07.2009: Heute schlafen wir aus und stehen erst um zehn vor sieben auf. Da man nach dem Sonnenuntergang um 18:30 Uhr nicht wirklich viel machen kann, sind wir meist schon um 21:30 Uhr im Bett. Zehn nach sieben sitzen wir beim Frühstück. Der gesamte Bereich des Restaurants ist offen und grenzt unmittelbar an den Wald. Hier wird das Frühstück vom Gesang der Vögel begleitet und bis zum Sonnenuntergang wärmen die Strahlen der Sonne. Das Frühstücksbuffet bietet gebratenen Reis oder Nudeln, gekochte oder auch gespiegelte Eier, Toast, Butter und Marmelade, die zu einhundert Prozent aus Zucker besteht. Abgerundet wird das Angebot von Kornflakes und Milch. Nicht ganz unseren Geschmack traf der warme sirupdicke Fruchtsaft der mit Milch zubereitet wird und die Tinte, die hier als Kaffe bezeichnet wird. Herrausragend war jedoch der schwarze Tee.
Wir packen und nehmen Abschied von der Samboja Lodge. Auf der Fahrt zum Flughafen halten wir in Balikpapan im Viertel der Fischer an. Das Abfotografieren aussterbender Tierarten kann allein nicht der Sinn einer Reise sein. Mich interessieren mindestens genau so die Lebensumstände der Menschen. Es dauert nicht lange bis wir die Attraktion des Tages im Viertel sind. Einige Fischer machen mit ihren Handys Fotos von und mit uns. Einer der Fischer spielt auf der Guitarre Lieder für uns und zum Schrecken meiner Freundin drückt man ihr ein neugeborenes Kind in den Arm. Unsere mitgebrachten Basecaps und Bonbons reichen bei weitem nicht für alle Kinder.

Indonesien Brandrodung Palmöl Plantagen plantation Borneo Orang Utan BOS MuslimeAls wir dann am Flughafen Balikpapan ankommen, heißt es: „delay“. Ein Schreck durchfährt unser Glieder. Wir können den Flug nicht verpassen! Keine Ahnung wann der nächste Flug geht und ob überhapt….Mehrmaliges Nachfragen bring dann aber die wahrscheinliche Gewißheit. Die Maschine hat sich verspätet und keiner weiß wann sie kommt und ob überhaupt. Wir warten. Aus den Anzeigen wird man nicht schlau. Unser Flug steht auch jetzt nicht mehr drauf. Ständig werden Fluggäste auf das Rollfeld gelassen und jedesmal müssen wir fragen ob dies unsere Maschine ist. Dann landet wieder eine BATAVIA. Das ist sie, verspätet um eine Stunde und zehn Minuten.
Das Flugzeug ist eine betagte Boeing 737-200, dessen vorderer Rumpf deutliche Spuren eines nicht lange zurückliegenden Vogelschlages aufweist. Die Bestuhlung ist verschlissen, die Verkleidungen vergilbt und an einigen Stellen gebrochen. Die Fenster sind zerkratzt und die Nummerierung der Reihen mit einem Filzstift an den Kunststoff geschrieben. An der Trennwand im vorderen Teil der Maschine steht: „BATAVIA AIR – Trust us to fly“ Das tun wir dann auch und landen sicher in Banjarmasin.
Shady heißt unser Guide, der uns mit einem schwarzen verdunkelten und klimatisierten Van vom Flughafen abholt. Auf der Fahrt zum Hotel bekommen wir einen einstündigen Exkurs in die Geschichte und die Glaubensentstehung in Südkalimantan. Immer wieder taucht der islamische Glauben als bestimmendes Elemnt in seine Ausführungen auf. Das macht ihn mir etwas unsympatisch und mir wird bewußt wie schleichend die Menschen von den Medien beeinflusst werden. Zwei Galubenswelten die sich immer mehr entfremden. War das vor 9/11 anders? Ja, ich war bei Reisen durch islamische Länder vorher unbefangener. Meine Freundin ist genervt. Es gibt doch so Momente, da möchte man einfach nur in Ruhe aus dem Fenster schauen. Das Hotel Victoria ist sauber, zentral gelegen am Sungai Martapura. Jedes Zimmer hat an der Decke eine Kennzeichnung in welcher Richtung sich Mekkah befindet und in der Bar gibt es Dosenbier für 4,00 €. Letzteres ist verzichtbar. Wir machen noch einen drei Stunden Spaziergang durch die Stadt. Mangels Ortskenntnis und trotz Karte verirren wir uns in die Hüttenviertel in den Wetlands am Ufer des Flusses und stranden bei KFC.

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Floating Market

11.07.2009: Um fünf Uhr klingelt der Wecker. Draußen ist es stockfinster. Wir fitten uns, greifen unsere Rucksäcke und gehen zur Anlegestelle am Hotel. Schwarz und träge schiebt sich der Fluß an der Anlegestelle vorbei als wir das Boot besteigen. Ohrenbetäubend erhebt sich das Geknatter des Motors als das Boot ablegt. Wir fahren flußaufwärts nach Lokbaintan. Wir begegnen immer wieder Booten die in der Dunkelheit nicht oder nur durch eine kleine funzelige Lampe auf sich aufmerksam machen. Im letzten Augenblick sieht man sie, gegen den sich in der Dämmerung färbenden Himmel. Zu hören sind sie meist früher. Die Motoren ohne Verkleidung und der Auspuff nur ein Rohrstummel aus dem, einem hochfrequenten Stoposkoplicht gleich, die Flammen jeder einzelnen Verbrennung die Insassen gespenstisch erhellen. Wenige Sekunden später hat sie die Dunkelheit wieder verschluckt. Nur die Bugwellen, die unser Boot klatschend kreuzt bleiben zurück. Die kalte Morgenluft auf dem Wasser kühlt den Körper aus und man sehnt die ersten Sonnenstrahlen herbei. Wir starren auf das Wasser und die Hütten die sich im Morgenlicht aus dem Schwarz des Uferstreifens abzeichnen.

Stelzenhäuser aus Holz, Blech und Folie, verwittert und nie gerade säumen sie dicht an dicht das Ufer. Hundertfach erheben sich jetzt die Rufe der der Muezzin über die Stadt und die Menschen am Fluß beginnen ihre Morgenwäsche. Wir fahren schon über eine Stunde, da tauchen die ersten mit Obst beladenen Ruderboote auf. Der floating market von Lokbaintan ist erreicht. Die Markttätigkeit von Boot zu Boot ist ausschließlich Frauen vorbehalten. Viele von ihnen tragen zum Schutz gegen die Sonne selbstgemachtes Make Up und die traditionellen Strohhüte, den sogenannten “Tangguis“. Wir nehmen uns mehr als eine Stunde Zeit dem Treiben auf dem floating market zuzusehen. Gegen neun Uhr ist das Markttreiben beendet.

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Mit bloßen Händen und Bambuskörben – Knochenmühle Diamantenmine.

Zurück iIm Hotel stärken wir uns und trinken ein paar Tassen Tee bevor wir mit dem Auto nach Cempaka fahren. Auf dem drei Quadratkilometer großem Areal der Goldmine wird das Unterste nach oben gekehrt. Bis zu 20 Meter tief graben sich hier die Pächter des Geländes auf der Suche nach Diamanten unter die Erde. Selbst die Frauen der Familien helfen bei schweren Erdarbeiten mit. Nicht selten kommt es in den Stollen zu Unglücken, die auch Menschenleben fordern. Behalten dürfen die Pächter nur die Edelsteine und minderwertige Diamanten. Mit dem Erlös muss dann aber auch das Werkzeug, die Pacht sowie die Schürfrechte bezahlt werden. Nicht selten ist der Verdienst nach Abzug der Lebenshaltungskosten bei Null. Die Arbeiter können es nicht fassen, dass wir dort über eine Stunde fotografieren. Wir können es nicht fassen wie man sechs Tage in der Woche und 14 Stunden am Tag bei Temperaturen über 30° Celsius schuften kann und sind froh wenig später mit einer eiskalten Cola im Restaurant zu sitzen.

Überdeutlich wird das Gefälle, wenn man sich bewußt macht, dass die Restaurants in die Touristen geführt werden, für die große Mehrheit der Indonesier unerschwinglich sind. Für uns entspricht der Rechnungsbetrag etwa 0,2 Prozent des monatlichen Nettoeinkommes. In Martapura, dem Ort der in Kalimantan als Umschlagplatz für Diamanten, Edelsteine sowie auch Gold gilt, besichtigen wir die staatliche Diamantenschleiferei und die „Alonuqeramah“ Moschee. Interessanter ist aber der daneben liegende Markt. Unter Dächern aus Folie, Planen und alten Blechen wird hier vom frisch gemahlenen Mehl bis hin zu den schreibunten Kreationen der chinesischen Kunststoffindustrie alles angeboten was man sich nur denken kann. Gerahmt wird der Markt von Müll und den Geruch von Fisch und Gewürzen. Auch hier avancieren wir zur Attraktion, werden aufgefordert hier und dort Fotos zu machen und werden selbst mit diversen Handys abgelichtet.

12.07.2009: 2:00 Uhr nachts. Wir schrecken aus dem Schlaf. Ein Knatterboot, dass am Fenster vorbei fuhr war so laut, dass der Lärm durch die geschlossenen Fenster, durch die Vorhänge und durch die Ohrenstöpsel drang. 4:00 Uhr in der Nacht. Die Gebetsrufe der Muezzine auf den Minaretten mischen sich zu einem Stimmengewirr und erfüllen die Luft über der Stadt. Wir dösen im Halbschlaf.

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Palmölplantage wo noch vor wenigen Jahren dichter Regenwald war.

Eineinhalb Stunden später fahren wir mit einen solchen Knatterboot durch die Dunkelheit zum Kuin floating market. Hier ist der Fluß breiter und das Markttreiben verteilt sich auf einer größeren Fläche. Dieser Markt ist älter und bekannter und wird daher von Touristen stark frequentiert. Da auch die Boote hier oft größer und motorisiert sind, ist dieser Markt nicht so atrraktiv zum fotografieren.
Nicht weit vom schwimmenden Markt liegt Pulau Kembang. In der Touristensprache „Monkey Island, da sie von hunderten von Langschwanzmakaken bewohnt wird. Man behauptet Einheimische besuchen diese Insel hauptsächlich um in einem Tempel zu beten, in der eine Statue in Form eines weisen Affen steht und an dem man Blumen niederlegt. Die Sage erzählt, dass einst während der Herrschaft der Holländer, jemand eine Blume in den Fluß legte und sich wünschte die Holländer würden verschwinden. In der Nacht schlich sich ein Makake auf das Schiff der Holländer und verwandelte alle in Affen. Heute verehrt man die Makaken in dem man auf der Insel überall seinen Müll hinwirft, die Makaken ärgert und sie bei Gelegenheit mit Füßen tritt. Ich sah einen Mann der sich einen Zigarette anzündete. Dabei viel seine Zigarettenschachtel herrunter. Ich ging zurück und machte ihn auf den vermeintlichen Verlust aufmerksam. Er war sichtlich irritiert, hob die Schachtel auf, kuckte noch einmal rein und warf sie wieder weg. Er hatte sie nicht versehentlich fallen lassen. Sie war leer. Wo etwas leer oder verbraucht ist lässt man es einfach fallen.
Interessanter als die Insel ist der Besuch einer kleinen Bootswerft auf der die Holzboote in traditioneller Handarbeit gefertigt werden. Die Bauzeit für ein etwa fünf Meter langes Holzboot beträgt etwa 15 – 17 Tage. Fertig lackiert kostet es dann umgerechnet etwa dreihundert Dollar. Der Durchschnittsverdienst in Indonesien liegt bei etwa 87 € pro Monat. Nach diesem erlebnisreichen Morgen fahren wir den Fluß wieder hinauf zum Hotel. Inzwischen brennt die Sonne heiß vom wolkenlosen Himmel. Der Fluß und die Kanäle haben sich mit Booten gefüllt. Der Verkehr ist nun ähnlich chaotisch wie auf den Straßen. Hunderte Boote quirlen die Abwässer und das Wasser zu einer braunen Brühe über deren Oberfläche ein Gemisch aus Gestank und Abgasen hängt. Im Hotel stärken wir uns wieder am Buffet, welches auf die indonesischen und chinesischen Geschmacksnerven ausgerichtet ist. Draußen an einem kleinen Tisch, vom Fluß getrennt duch ein zwei Meter hohes Gitter genießen wir den Ausblick auf das lärmende Treiben. Unsere Gespräche werden jäh zerissen und vom Lärm vorbeifahrender Knatterboote geschluckt.

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Palmöl für die Ökooffensive in Europa und den USA.

Da es nicht möglich war einen Flug zwischen Banjarmarsin und Pankalan Bun zu bekommen müssen wir die Strecke in zwei Etappen mit dem Auto zurücklegen. Es ist nicht nur bequemer mit dem Flugzeug zu fliegen, es wäre dann auch möglich die unfassbare Zerstörung von Regenwald und Umwelt auszublenden. Hinter Banjarmarsin fährt man noch eine Zeit lang durch Sekundärwald der an der Straße steht. Dieser wird jedoch immer spärlicher bis man realisiert, dass er oft nur noch einen schmale Kulisse ist. Dort wo der Wald dann verschwunden ist erstreckt sich über hunderte Kilometer nur noch verbrannte Erde, gerodete oder brachliegende Flächen und Palmölplantagen. Die meist malayischen Palmöl Companys pachten die Flächen für 25 Jahre (andere Quellen sprechen von bis zu 99 Jahren). Der darauf befindliche Wald fällt an die Palmöl Company. Diese rodet den Wald und hat durch die Erlöse aus den Edelhözern ein lukratives Zusatzeinkommen. Danach liegen die Flächen meist lange brach. Es liegt nahe, dass es die Palmöl Companys oft nur auf das Holz abgesehen haben. Die spannende Frage ist: Was für Land wird dort verpachtet? In einem überbevölkerten Argrarstaat wie Indonesien ist es unwahscheinlich, dass diese Flächen vorher ungenutzt waren. Laut „Brot für die Welt“ werden die Preise für die Böden nach oben getrieben, bis die Bauern die stark steigenden Pachtzinsen nicht mehr bezahlen können. Bauern die Land ohne Pachtverträge nutzen, werden einfach vertrieben. Als die Dorfbewohner von Dayak Benuaq in Ost Kalimantan bei einem Konflikt mit mit den Besitzer der Palmölplantage „London Sumatra“ mit der Rückführung des Landes zur traditionellen Nutzung drohten, stürmten 30 bewaffnete Soldaten die Veranstaltung. Sieben Personen wurden verhaftet, andere sind seither vermisst.
Zwischen den Palmölplantagen und den Raffenerien sowie den Raffenerien und den Tanklagern und Häfen pendeln tausende kleiner Lastwagen und Tankwagen über die löchrigen Straßen. Diese unwirtschaftlichen Transporte, die Rodung der Wälder, dessen Bäume, dessen Boden Unmengen an CO² bindet, sowie der Transport nach Europa lässt jeden „Ökoeffekt“ verpuffen. Nur der Landraub, die Vermarktung des Tropenholzes, die unterbezahlten Plantagenarbeiter ohne Alternative und die Ausblendung der Kosten für die unumkehrbare Zerstörung der eigenen Umwelt und Kultur, können die Basis für einen Profit sein.

Tanjung Puting Nationalpark

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Noch schnell ein Foto bevor der Wald eigenhändig niedergebrannt wird.

13.07.2009: Wir nehmen die nächste Etappe von 200 Kilometern bis Kumai in Angriff. Gleich hinter Sampit beginnt wieder das neue Borneo. Schotterpiste, Schlaglöcher, überall die LKWs der Palmölplantagen. Sie warten auch an den Tankstellen in langen Reihen auf die nächste Diesellieferung. Der Staat kommt wegen der enorm gestiegenen Tansportleistungen nicht mehr mit der Produktion von Diesel nach. Welch eine groteske Situation.

Rechts und links der Straße der Regewald niedergebrannt. Dann einige Kilometer weiter Palmölplantagen bis zum Horizont. Bis fast nach Kumai fahren wir durch Palmölplantagen und gerodeten Wald. Stundenlang! Es ist wie eine Flucht. Die Flucht in die scheinbar heile Welt des Tanjung Puting National Parks.
In Kumai angekommen ein schneller Abschied von Shady und unserem Fahrer. Koffer aufs Boot verladen und schon kreuzen wir den Sungai Kumai River bevor wir in den Sungai Sekonyer River einbiegen. Wir bekommen das schmackhafteste Mittag auf der gesamten Reise. Für jedenvon uns je eine ganze Languste, ein halbes Huhn, Pommes Frites, Gemüse, Reis und einer großen Schale Litschies. Wir genießen das gute Essen und die eineinhalb stündige Fahrt zur Rimba Eco Lodge. Der Tanjung Puting Nationalpark beherbergt neben den Orang Utans auch unzählige andere Tiere wie Langnasen-Affen (Nasalis Larvatus), seltene Vogelarten, Langschwanzmakaken und eine Vielfalt an bunten und zahlreich vertretenen Schmetterlingsarten. Im Sekonyer River leben auch einige seltene Krokodilarten.
Die Rimba Eco Lodge selbst macht einen etwas heruntergekommenen Eindruck, was nicht nur daran liegt, dass sie dem feuchten tropischen Klima ausgesetzt ist. Das Personal ist etwas unbeholfen und beherrscht meist nur auswendig gelernte englische Floskeln. Fragen und Wünsche führen zu Ratlosigkeit und müssen immer durch den local guide übersetzt werden. Selbst unser guide (stammt von Java), hatte Probleme sich dem einheimischen Personal verständlich zu machen. Wir beziehen den Bungalow 2 am Ende der Lodge direkt am Waldrand. Mir sehr willkommen, meiner Freundin sehr unheimlich. Nach einiger sinnloser Warterei auf dem Gelände der Rimba Lodge machen wir noch einen kleinen loop mit dem Boot und sehen zum ersten Mal auch die Nasenaffen aus nächster Nähe. Nach der Bootstour müssen wir noch eine Stunde auf das Abendessen warten. Die Bar ist geschlossen, es gibt kein Bier, der Billardtisch ist aufgerissen und hat zehn Grad Neigung nach allen Seiten. Trotzdem muß er für etwas Abwechslung herhalten. Dann ist es soweit. Dinner! Hier und anderswo glaubt man anscheinend, Touristen sind eine besondere Spezies die täglich mindestens 9.990 Kalorien zu sich nehmen müssen. Auf dem Boot gab es schon ein opulentes Mittag und am Nachmittag fritierte Bananen. Das ist keine drei Stunden her und nun gibt es eine Vorsuppe, für jeden einen Teller Fleisch, Gemüse, Gurken und Tomatensalat, ein Kilo Reis pro Person und zum Nachtisch zwei Teller Melone. Gute Nacht.

14.07.2009: Sicher bekommen viele beim Lesen unserer Reiseberichte jetzt wieder Runzeln auf der Stirn, denn wir stehen 5:30 Uhr auf. Auf Grund mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten nach Einbruch der Dunkelheit liegt man hier früh im Bett und die beste Zeit Tiere zu beobachten ist die Zeit vor und kurz nach dem Sonnenaufgang. Das Frühstück nehmen wir auf dem Boot ein. Unser Koch macht auf unseren Wunsch nur Melone und Ananas sowie Tee zu Frühstück. Unsere eigenen Schokokekse sorgen für die Brennstoffzufuhr und für die geschmackliche Abrundung. Während wir frühstücken präsentieren sich die Langschwanz- und Nasenaffen am Ufer im weichen Morgenlicht. Wir tukkern weiter flußaufwärts. Seit 2003 gibt es am Oberlauf des Sungai Sekonyer River eine Diamantenmine. Seit dem ist das Wasser nicht mehr klar sondern färbt sich hellbraun. Wenige Zentimeter unter der Oberfläche endet die Sicht und man fragt sich wie Vögel, Krokodile oder Otter hier noch Nahrung finden. Überall auf dem Wasser schwimmen Flaschen oder Tüten. Die Flußseite gegenüber des Nationalparks ist abgesehen vom sumpfigen Uferstreifen einen Kilometer landeinwärts gerodet und besiedelt. Nach zweieinhalb Stunden erreichen wir Camp Leakey. Dieser Ort ist einer der Geburtsorte des Wiederstands gegen die ungehemmte Zerstörung Borneos. Hier im Dschungel wurde 1971 von der kanadischen Forscherin Biruté M. Galdikas die Orang Utan Foundation International (OFI) gegründet. Der Name des Camps geht auf den Mentor, Forscher und Anthropologen Dr. Luis Leakey zurück. Nicht ganz uninteressant ist die kleine Ausstellung im Camp. Es wird auch eine Tarantel gezeigt die in Zeichnung und Größe der Rotknievogelspinne sehr ähnlich ist. Es wird erzählt, dass diese Art Tarantel vor einigen Jahren in einem Dorf einen 10 jährigen Jungen gebissen hat, der daran gestorben ist. Unser Guide Joe schwört auch diese Taranteln schon oft in der Nähe des Camps gesehen zu haben. Wir sehen auch einige Höhlen in den Spinnen den Tag verbringen, wenden uns dann allerdings wieder dem eigentlichen Grund unseres Besuchs zu.

Mit 25 anderen Touristen wandern wir zur Fütterungsstelle im Wald. Dort werden die Orang Utans touristengerecht in einer Art Manege vorgeführt. Von Mindestabstand ist keine Rede mehr. Viele gehen auf einen Meter heran und flashen die Menschenaffen mit ihren Kameras oder Handys. Etwas befremdlich wirkt der Besuch von Indonesiern, die wie wir erfahren Pächter oder Besitzer von Ölplantagen sind. Diese jagen 50 Stundenkilometer schnell mit 400 PS Speedbooten den schmalen Kanal im Naturschutzgebiet von Kumai bis nach Camp Leakey in einer halben Stunde hoch. Begaffen die Affen, knipsen mit Handys um dann zurückzurasen. Netter Tagesausflug für die ganze Familie. Morgen brennen sie dann wieder fünf Quadratkilometer Regenwald nieder.
Bis 2010 läuft der Vertrag für den Tanjung Puting Nationalpark. Ob es ihn dann weiterhin geben wird ist ungewiß. Vielleicht begehen die Plantagenbesitzer schon mal ihre neue Immobilie. Was würde wohl ein deutscher Waldbesitzer tun, wenn er mit der Abholzung seines Mischwaldes und dem Pflanzen einer Nutzpflanze unermeßlich reich werden könnte? Wir tuckern zurück Richtung Rimba Lodge immer den Uferstreifen beobachtend. Eine größere Echse sitzt auf einem Baumstamm der im Wasser liegt, ein Kingfisher hofft im verschmutzten Wasser noch einen Fisch zu erwischen, Langschwanzmakaken, Schwarzhandgibbons und Langnasenaffen finden sich am Nachmittag wieder auf den Bäumen am Ufer ein. Sogar zwei Krokodile sehen wir noch für eine kurzen Augenblick.
Mit der Musik des Regenwaldes im Ohr schlafen wir ein.

15.07.2009: Gestern abend haben wir zum Frühstück Pancakes bestellt. Geniale Idee, denn das Frühstück für die anderen Touristen ist wirklich kein Fest. Danach fahren wir mit dem Boot nach Pondok Tanggui, einer der Stationen im Tanjung Puting Nationalpark, an denen die Orangutans observiert und registriert werden. Wieder findet sich eine große Gruppe Touristen ein, die Guides rufen immer wieder in den Wald, doch Orang Utans kommen keine. Es ist die Zeit in der die Bäume ausreichend Früchte tragen. Die Affen haben daher keinen Grund ihren Speiseplan durch die Fütterungen der Menschen zu ergänzen. Der Sinn des Auswilderns ist eben auch der, die OUs vom Mensch zu entwöhnen. Trotzdem sind wir entäuscht. „The Coke on the boat“ und das Mittagessen sind das Highlight. Das Lowlight ist die Besichtigung des Touristenvorzeigedorfes. Es sind etwa 35° Celsius als wir den schattelosen gepflasterten Weg durch das Dorf gehen. Unserem Guide sage ich, dass ich nicht glaube, dass es allen Menschen so vergleichsweise gut geht wie den Menschen in diesem Dorf. Mit dieser Aussage kann er scheinbar wenig anfangen, obwohl er als Indonesier über die Verhältnisse in seinem Land noch weniger illosioniert sein sollte.

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Abschied vom Tanjung Puting Nationalpark und dem Sungai Sekonyer River.

Wir wechseln dann wieder die Ufer des Sekonyer River um wieder zu warten bis der Guide kommt, der uns zur Fütterungsplattform führt. Unser Guide Joe neigt etwas dazu überall herunzusitzen, mit den Einheimischen zu quatschen und vor allem eine Nelken – Zigarette nach der anderen zu rauchen. Meine Geduld ist am Ende und ich laufe los. Wie auf Komando setzen sich nun auch die Guides in Bewegung. An der Fütterungsstelle wird zur Gewißheit, was man schon ahnte. Orang Utans sieht man in der Früchtesaison nur mit Glück in Camp Leakey. Die anderen Besucher der anderen Fütterungsstellen dienen nur dazu die Touristen im Park zu verteilen. Doch dann sichtet Joe doch noch ein wildes Orang Utan Männchen und legt sich mächtig ins Zeug, so dass wir davon noch ein Foto machen können. Eine Stunde sitzen wir schweißüberströmt im Regenwald und starren durch die Teleobjektive hoch in die Bäume, in der Hoffnung das Gesicht zu sehen und im richtigen Moment die Kamera auszulösen. Durchs 400´er Tele einmal scharf das Gesicht gesehen, nicht das was man sich zu Hause vor der Abreise vorstellt, aber in jedem Fall ein unvergeßliches Erlebnis.
Um die Wette laufen wir zurück zum Boot, denn in Kumai werden wir bereits erwartet. Gleich nach dem Ablegen in den Palmen am Ufer, in nächster Nähe, Nasenaffen. Angestrahlt von der orangefarbenen Abendsonne. Die Kamera ist schon eingepackt! Wir tuckern in den Sonnenuntergang. Raus aus der doch nicht mehr heilen Welt des Nationalparks.
Danke an Toufiq den Kock, an Jadye den Kapitän, an Anang den Assistenten und an Joe den Entertainer, Kettenraucher und Guide. Die Stimmung wird wehmütig und sinkt auf den Nullpunkt als wir Kumai erreichen. Es ist bereits dunkel. Wortlos fahren wir nach Pankalan Bun ins Hotel Blue Kecubung.
Kumai und Pankalan Bun. Gesichtslose Häuseransammlungen im Schachbrettstil, dekoriert mit Müll und eingehüllt in Abgase. Im Hotel bleiben kann da eine wirkliche Alternative sein.

Malaysia
16.07.2009: 6:20 Uhr. Unglaublich wie warm und schwül es jetzt schon ist. Die kleinste Anstrengung und der Wunsch nach einer Dusche ist geweckt. Um 8:00 Uhr werden wir abgeholt und zum Flughafen gebracht. Hätten wir geahnt welche Odyssee wir machen müssen um ins 500 Kilometer entfernte Kuching in Malaysia zu kommen, hätten wir uns sicher für ein anderes Ziel entschieden.

10:15 Uhr Pankalanbun – Semarang , ATR 42-300, Indonesian Airlines
11:40 Uhr Ankunft Semarang
18:40 Uhr Semarang – Jakarta, Boeing 737-300, Garuda Air
19:30 Uhr Ankunft Jakarta
22:00 Uhr Jarkarta – Singapore, Boeing 737- 800 GR, Garuda Air

Bako Nationalpark

17.07.2009: 0:35 Uhr (+ 1h) Ankunft Singapore

Am Airport in Singapore sind alle Stopover Schalter geschlossen. Niemand der uns abholt. Wir nehmen ein Taxi auf eigene Rechnung. Nachtfahrt durch Singapore. Uniforme asiatische Großstadt. Sauberer als Jakarta. Schon lange aber dem weltweiten Wahn erlegen, in Brutalarchitektur mit Glas und Stahl verkleidete Betontürme, zum Beweiß wirtschaftlicher Potenz hoch aufragen zu lassen. Historische Gebäude sind als Touristenattraktionen hergerichtet und versuchen der Betonmaffia ein Alibi zu geben.
1:55 Uhr Ankunft Hotel River View.
6:00 Uhr wake up call.
6:20 Hotel Lobby. Das Shuttle ist gerade weg. Warum hätte es warten sollen, wir hatten vor vier Stunden eingecheckt und gesagt, dass wir um 6:20 Uhr zum Flughafen müssen. Wieder ein Taxi auf eigene Rechnung.
6:40 Uhr Ankunft Airport Singapore
8:40 Uhr Singapore – Kuching, A 319, Silk Air
10:00 Uhr Ankunft Kuching (Malaysia)

Indonesien Brandrodung Palmöl Plantagen plantation Borneo Orang Utan BOS MuslimeUm 10:35 sind wir am Ziel. 24 Stunden für 500 Kilometer! Auf den ersten Blick macht Malaysia einen besseren Eindruck als Indonesien. Aber als wir am Bootsanleger ankommen ist alles wie gewohnt. Es stinkt überall nach Exkrementen und das was früher einmal das Flußufer war ist nun eine Müllkippe. Auf dem Boot riecht es dann nicht mehr nach Exkrementen, dafür aber nach Benzin. Eine dreiviertel Stunde dauert die Fahrt von Kuching über das südchinesische Meer zum Bako National Park. Die Überraschung ist perfekt, als wir unsere Koffer über kaputte Plattenwege schleifen und feststellen, dass wir drei Tage Baustelle gebucht haben. Die Holzhütten passen sich hervorragend in die Landschaft ein und bieten den Luxus, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht reinregnen wird. In der Ecke steht ein Kühlschrank für Bier und Cola und an der Decke hängt ein Ventilator. Beides ist aber nur vorhanden, da es in den Hütten so heiß wird, dass die Gäste sonst sterben würden. Die Toilette teilt man sich mit allen Lebewesen, die es schaffen den offenen Abfluß als Eingang in die Hütte zu nutzen. Toilettenpapier, Spülkastendeckel und Brausekopf besorge ich aus anderen Hütten. Die Stimmung meiner Freundin wird sich erst mit der Abreise aufhellen. Ich gehe schwimmen und endlich kann man auch mal wieder ein kaltes Bier trinken.
Nasenaffen, Wildschweine und Leguane, die völlig ohne Fluchtreflex über das Gelände des Bako Rest House streifen, entzücken die Touristen. Für uns sind eher die Langschwanzmakaken unterhaltsam, die regelmäßig versuchen das Restaurant zu überfallen. Da es schon mehrfach vorgekommen ist, dass dreißig Makaken das Restaurant stürmen, haben die Angestellten alle eine Steinschleuder zur Hand. Das ist das einzige vor dem die Makaken Respekt haben. Auch wenn die Überfälle nur selten gelingen, einige Dosen oder Essensreste können sie immer stehlen. Am Abend mache ich mit unserem Guide ein kleines vier Kilometer Trecking um die nahe Umbebung zu erkunden. Alle Pfade sind gekennzeichnet, so dass man gefahrlos alleine gehen könnte. Die geübten Augen eines Guids sehen aber Dinge die einem sonst entgehen würden und erklären Zusammenhänge, die man in keinem Reiseführer findet.

Indonesien Brandrodung Palmöl Plantagen plantation Borneo Orang Utan BOS Muslime18.07.2009: Irgendwann gegen Mitternacht sind wir eingeschlafen. Auch ohne Nachthemdchen und Decke war es unerträglich heiß! Toilettengast war heute früh eine etwas größere Spinne, die ich mit dem Wasserschlauch wieder zurück unter das Haus gespült habe.
Das Frühstücksbuffet erinnert an einen asiatischen Straßenimbiss. Der Ananas ist der von gestern. Wozu bei der Hitze essen?! Zudem haben wir uns mit irgendetwas angesteckt. Letzter Tag. Nicht schlapp machen. Unser Guide, den wir eigentlich nicht brauchen kratzt schon mit den Füßen. Er zeigt uns auch eine Viper und einen Skorpion. Der kleine Bako Nationalpark, verborgen im Mangrovenwald in der Nähe von Kuching, liegt an einer schönen Küste mit faszinierenden Felsformationen aus Sandstein. Diese Sandsteinformationen sind vor 35 Millionen Jahren entstanden. Viele Pfade auf denen man entlegene und menschenleere Strände erreicht, führen durch den Regenwald.
Wir machen einen sieben Kilometer Marsch zu einem Wasserfall. Man sollte so früh wie möglich starten, denn auf den Sandsteinfelsen sind auch Abschnitte ohne Wald zu durchwandern und ab 10:00 Uhr wird es unerträglich heiß. Gegen 13:00 Uhr kehren wir zurück und bekommen noch etwas von Mittagsbuffet ab. Jetzt macht sich die Erkältung bemerkbar und ich bekämpfe sie mit kaltem Bier. Wir spannen aus, laufen noch etwas herum. Überall liegt Baumaterial, Schutt und Strandgut. Ich gehe noch mal schwimmen. Leider haben wir tagsüber den Ebbezyklus. Man kann zweihundert Meter weit ins Meer laufen und das Wasser reicht dann gerade bis zur Hüfte. Abkühlung? Das Wasser hat die gleiche Temperatur wie die Luft. Wir packen und warten auf den Sonnenuntergang. Zum Abend esse ich nur noch Früchte. Sonst bietet das Buffet nur Mappelkotze.
19.07.2009: Mit dem Boot geht es wieder zurück nach Kuching. Mit Zwischenstop Singapore und Frankfurt am Main fliegen wir nach Berlin. Wieder 24 Stunden von Tür zu Tür.

borneo-malaysia-nature-jungle

Like a paradise – Landschaft im Bako Nationalpark/Malaysia.

Borneo ist die drittgrößte Insel der Welt. Sie gehört zu Indonesien, dem größten Inselstaat der Erde. Die Lage am Equator beschert der Insel ein tropisches Klima. Zwischen Borneo und Bali verläuft die biologisch bedeutende Wallace Linie, die nach dem britischen Forscher Alfred Russel Wallace benannt ist. Vom 15. Jarhundert bis 1899 wurden große Teile Borneos von malaiischen Sultanaten kontrolliert. Ab dem frühen 17. Jahrhundert gewann die „Niederländische Ostindien Company“ (VOC) immer mehr Einfluß in Indonesien. Ab etwa 1815 übernahm der niederländische Staat die Kontrolle über die Gebiete der VOC. 1945 begann der Indonesische Unabhängigkeitskrieg. Diese Auseinandersetzung zwischen Indonesien und den Niederlanden endete am 19. Dezember 1949. Am 27. Dezember 1949 unterzeichnete die niederländische Königin Juliana, in Amsterdam die Souveränitätsurkunde und übergab diese an Sukarno, welcher erster Präsident von Indonesien wurde. Trotz der aktuellen Entwicklungen, wie Abholzungen für Palmölplantagen, Ackerbau und die Holzindustrie zählt man Indonesien und vor allem Borneo noch immer zu den größten Regenwaldgebieten der Welt. Die Holzwirtschaft hat inzwischen Mühe lukrative Flächen zur Rodung zu finden, ist aber immer noch von großer Bedeutung. In den letzten beiden Jahrzehnten ist die Palmölindustrie zum stärksten Wirtschaftsfaktor geworden. Darüber hinaus gewinnt man Kohle und Erdöl. Neben der Eigenversorgung wird in der Landwirtschaft Kopra, Sago, Reis, Pfeffer und Kautschuk produziert.

Reisezeit: In Borneo herrscht ganzjährig tropisches Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit. Die Hauptsaison ist zwischen Februar und November. Mit Niederschlägen muß immer gerechnet werden. Die Durchschnittstemperatur liegt bei etwa 27,5 Grad Celsius. Wir bereisten Kalimantan im Juli. Es regnete einmal ausgiebig in der Nacht und einmal kurz am Nachmittag. Sonst war es durchgehend sonnig und die Temperaturen lagen mit 28 Grad Celsius  bis 35 Grad Celsius an der Grenze dessen was für Aktivitäten noch erträglich ist. Die Monate Juni bis August sind die Zeit in der die Tiere genügend Früchte im Wald finden und nicht die beste Zeit Orang Utans zu sehen.

Impfungen: Es sind keine Impfungen vorgeschrieben. Malaria-Prophylaxe ist auf jeden Fall empfehlenswert.

Stromnetz: 220 – 240 V / 50 Hz (wie in Deutschland). Außer in Malaysia ist kein Adapter notwendig.

Sprache: Auf Borneo werden malaiische Sprachen gesprochen. Wie im Reisebericht beschrieben hatte auch unser Guide mit der Sprache und den Dialekten seine Mühe. Außer auf dem Land oder im Dschungel findet man jedoch immer jemanden, der englisch spricht.

Persönliche Highlights: Alle Menschen denen wir begegneten, waren überaus freundlich und hilfsbereit. Unsere Guides haben alle unsere speziellen Wünsche erfüllt. Das Primärziel dieser Reise war Orang Utans aus nächster Nähe und in der freien Wildbahn zu sehen. Beides ist uns trotz aller Wiedrigkeiten gelungen.

Persönliche Lowlights: Wir gingen vor der Reise davon aus, dass es in 10 Jahren keine Orang Utans mehr in freier Wildbahn geben wird. Nach der Reise glauben wir, dass es keine 10 Jahre mehr dauern wird. Das Engagement des Personals beim BOS, beim OFI und in den Lodges vor Ort, für die Tiere und die Umwelt kann nur als mangelhaft bezeichntet werden. Kein Hinweis auf Spenden vor Ort. Keine Erklärungen zum Verbleib von Spenden. Manager, von Jarkarta eingesetzt und mit einem üppigen Festgehalt ausgestattet, haben kein Interesse an der Vermietung von Zimmern. Die Vermüllung von Städten, dem Land und inzwischen auch den Nationalparks hat bereits die Grenze des Erträglichen überschritten. Der geringe Bildungsgrad und die Armut, gepaart mit einer gezielten Verdummung der Bevölkerung führt dazu, dass es unter dem Menschen keinerlei perspektivisches Denken oder gar ein Umweltbewußtsein gibt. Die unvorstellbaren Ausmaße der Vernichtung des Regenwaldes kann keine TV Reportage und kein Foto transportieren. Man kann es sich nur vorstellen wenn man es mit eigenen Augen gesehen hat.

Quellen:
Unser Reisetagebuch
Lonely Planet Reiseführer Borneo (Juni 2008)
Ausführungen der lokalen Guides

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